1921 - 1933 oDER NEOPLASTIZISMUS oo
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Checkerboard with Light Colors, 1919, Oil on Canvas, cm. 86 x 106 |
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Checkerboard with Dark Colors, 1919, Oil on Canvas, cm. 84 x 102 |
Nach dem durchgängig regelmäßigen Schema der zwei Damebretter widmet sich der Künstler einer neuen Reihe von Werken, in denen er den formalen Aufbau wieder aufbricht.
Unter formalem Gesichtspunkt sind die Flächen dieses neuen Bildes allesamt voneinander verschieden. An die Stelle einer Farbvariation von gleichmäßigem Muster (1 und 2) tritt ein Raum, in dem jede einzelne Farbfläche ein anderes Maß und eine andere Proportion hat. Die Vielfalt drückt sich nun sowohl der Farbe als auch der Form nach aus. Wie schon gesagt, nimmt in diesen neuen Werken die - in Checkerboard with Dark Colors (2) eingeführte - Unterscheidung zwischen geraden Linien, die das ganze Bild durchlaufen, und linearen Segmenten, die zusammen mit den Flächen im Innern anhalten, Gestalt an. Nach Checkerboard with Dark Colors (2) kehrt in diese Bilder (3) der Gebrauch der "Nicht-Farbe" (Weiß, Grau und Schwarz) zurück. |
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Composition N. II, 1920, Oil on Canvas, cm. 100,5 x 101 |
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4: In Vergleich zu 3, in dem alles sich ändert, sehen wir hier ein homogeneres Ganzes aus Flächen; in der Tat zeigen die in 4 Diagramm a markierten Flächen analoge Proportionen, die sich, in einem Fall, auch in der Farbe (Weiß) fast identisch wiederholen. Insgesamt bilden solche Flächen einen einzigen Streifen, der von unten bis zum oberen Bildrand verläuft. Die Flächen außerhalb dieses Streifens entfalten sich dagegen freier. Innerhalb des vertikalen Streifens lassen sich zwei übereinander gelegte quadratische Proportionen ausmachen.
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Composition A, 1920, Oil on Canvas, cm. 90 x 91 |
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Diagramm |
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Betrachten wir 3, 4, 5 and 6 in der Sequenz, stellen wir eine zunehmende Tendenz des Raumes fest, sich geordnet zu strukturieren.
Ändert sich in 3 alles, so entfaltet sich in 4und noch mehr in 5 und 6 ein Teil der Komposition nach verschiedenen Proportionen eines gleichen Grundmoduls.
Wie schon in einigen Kompositionen von 1919, greift hier Mondrian wieder auf ein konstantes Parameter zurück, das die Funktion hat, den Wechsel der Flächen kontrollierter zu rhythmisieren. Mondrian führt also wieder ein Grundmodul ein, nur dass er es anders verwendet als zwei Jahre zuvor.
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Composition B, 1920, Oil on Canvas, cm. 57,5 x 67 |
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Diagram |
Wir sehen zwei angrenzende gelbe Flächen von rechteckiger Proportion, die jenen der zwei Quadrate nahe kommen. Weiter unten wird die gleiche Proportion einmal rot und einmal hellgrau. Auf der rechten Seite erweist sich eine große blaue Fläche als die Summe des Ausgangsmoduls, vertikal verdoppelt. Weiter unten zeigen drei Flächen – eine gelbe, eine schwarze und eine dunkelgraue – Proportionen, die die Hälfte des Ausgangsmoduls ausmachen. Wenn auch in Farbe und Maß verschieden, antworten diese Flächen doch auf einen gleichen Parameter und sind - mal vertikal, mal horizontal - dessen Erweiterung oder Einschränkung.
Wie in den Rauten von 1918-19 kehrt also in diese Werke wieder eine proportionale Entfaltung des Raumes zurück, nur dass jetzt lediglich ein Teil der Komposition auf dieses Schema reagiert. Die Flächen am Bildrand nehmen plötzlich anormale Proportionen an, die dem Modul nicht mehr folgen. Nach einer konstanteren Phase im mittleren Teil des Bildes setzen um die Form herum unberechenbare Veränderungen an. Anders als 1919, antwortet nicht immer und unbedingt der ganze Raum auf eine gleiche Maßeinheit. Dies gilt eindeutig für die Flächen an den Seitenrändern und im oberen Teil des Bildes; für die unteren Flächen (grau und blau), die auf den ersten Blick auf den Grundparameter zu antworten scheinen, ist dies nicht so sicher. Bei näherer Prüfung jedoch merkt man, dass die zwei Flächen in ihrer Höhe etwas weniger ausgebildet sind als diejenigen, die dem Grundmodul folgen; außerdem enden die Geraden vor dem unteren Bildrand, was die zwei Flächen im Vergleich zu den oberen ungewisser macht.
Kehren wir zu den acht – allesamt proportional zum Modul stehenden - Flächen im mittleren Teil zurück, bemerken wir, dass sie in ihrer Gesamtheit eine große quadratische Proportion bilden, die im mittleren unteren Teil der Komposition zu stehen kommt (5). In diesem quadratischen Feld folgt der Raum einer gewissen Konstanz; um ihn herum indessen ändert sich alles in unvorsehbarer Weise. Man denke an den Raum von Pier and Ocean 5.
So wie sich im Raum von Pier and Ocean 5 ein vertikales (Symbol des Geistigen) und ein horizontales Segment (Symbol des Natürlichen) im Inneren einer quadratischen Proportion ausbalancieren, so sehen wir in dem neuen Bild (5) ein quadratisches Feld, das in seinem Inneren vertikale und horizontale Prävalenzen, Farben und ‚Nicht-Farben’ zeigt – neoplastisch gesprochen, Symbole des Natürlichen und Geistigen, des Objektes und des Subjektes.
Mit einem großen Quadrat, das sich in seinem Inneren sichtbar artikuliert und koloriert, zielt Mondrian auf eine einheitliche, gegenüber der Vielfalt offene Synthesis, so als wolle er die weiße Einheit von Checkerboard with Light Colors mit den ihr nächst liegenden drei gelben, roten und blauen Rechtecken durchdringen (5).
Checkerboard with Light Colors |
Checkerboard with Dark Colors |
Etwas ähnliches hatte er schon mit Checkerboard with Dark Colors versucht. Ohne sich in eine einzelne einheitliche Fläche einzuschließen, hält sich der Raum vom Damebrett, dunkle farben im Gleichgewicht von Vervielfältigung und Verschiedenheit einerseits und Tendenz zu Synthese andererseits.
Das gleiche lässt sich in 5 beobachten, wo sich der mittlere Teil, wie in Damebrett, dunkle farben, konstant zeigt, nur dass jetzt die formale Struktur der Komposition auf kein regelmäßiges und symmetrisches Schema mehr antwortet. Checkerboard with Dark Colors ist eine Vermittlung zwischen Checkerboard with Light Colors und Composition B (5).
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Betrachten wir 1, 2, 3, und 4 als Sequenz, sehen wir ein bloß gezeichnetes Quadrat (1), das Farbe annimmt (2) und sich vervielfältigt und um eine weiße Einheit (3) herum gruppiert, welche sich dann zu verschiedenen Farben (4) hin öffnet, wobei sie zugleich das Vielfältige und das Eine auszudrücken versucht.
Schon in 1915 (1) konnten wir beobachten, wie sich die einheitliche Synthese (Quadrat) nach oben hin der Vielfalt verschiedener Situationen öffnete.
Dieser Anweisung folgend, tendiert der einheitliche Raum im Laufe von fünf Jahren dazu, den vielfältigen Raum in sich aufzunehmen, dessen ideale einheitliche Synthese er schon seit 1915 sein will. In den Augen des Malers muss sich jede Synthese, die diesen Namen verdient, in allen ihren Teilen verkörpern.
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Composition C, 1920, Oil on Canvas, cm. 60,3 x 61 |
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Diagram A |
Was wir in 5 beobachtet haben, findet in 6 eine Bestätigung:
Auch hier haben wir den graduellen Eindruck eines proportionalen Rhythmus’, der einen Teil der Komposition homogener macht.
Wir sehen eine Gesamtheit von Flächen, darunter zwei nahezu quadratische Proportionen: eine weiße (gräulich weiß) und eine darunter liegende schwarze. Zwei übereinander liegende quadratische Proportionen, wie in 4.
Links vom schwarzen Quadrat sehen wir zwei rote und gelbe quadratische Felder von gleicher Proportionen wie die zwei weißen und schwarzen Quadrate, jedoch durch ein horizontales Segment halbiert. Über ihnen entfaltet sich eine große blaue Fläche, die ein Vielfaches der Ausgangsproportionen beträgt. Weiter oben rechts betragen eine graue und eine gelbe Fläche die Hälfte des Ausgangsquadrats.
Wie in 5 ist auch hier eine zentrale Fläche (die in Wirklichkeit fast die ganze Fläche einnimmt) zu bemerken, deren formale Artikulation in einer progressiven Zunahme oder Fraktionierung eines tendenziell quadratischen Grundmoduls besteht. Und wie in 5 haben auch hier die Flächen jenseits des zentralen Feldes zu diesem Modul keine unmittelbare Entsprechung mehr.
Oben links scheint sich die große quadratische Proportion zu öffnen und nach oben über eine rote Fläche auszudehnen, die nicht mehr dem Grundparameter entspricht. Auch auf der rechten Seite unten erscheint der Kontrast zwischen Blau und Schwarz – im Original mehr als in den Reproduktionen – schwach, so dass er Kontinuität zwischen dem einen und dem anderen Farbton und daher eine Öffnung der Form suggeriert. Der Farbton beeinflusst die mehr oder weniger deutliche Wahrnehmung der Form.
Man beachte das Rot: Durch Variation der Größe und Proportion erscheint eine gleiche Farbe verschieden. Dazu kommt die Beziehung zu den angrenzenden Farben: Neben dem Schwarz erscheint das Rot heller als neben dem Schwarz und dem Gelb, wo das gleiche Rot gewichtiger und beständiger erscheint. Über wechselnde Beziehungen erzeugt sich im Beobachter die Wahrnehmung einer vielfältigen und vielseitigen Realität, in der die Dinge nicht für sich stehen, sondern sich in ihrer Wechselbeziehung definieren. Unmöglich lässt sich eine Entität abtrennen und unabhängig vom Kontext bewerten. Ein solcher Raum eignet sich als geistige Übung für das Verständnis der komplexen Dynamik heutiger Realität. Mehr die Beziehungen zwischen den Dingen als die Dinge selbst betrachten! Die Dinge in ihrer Wechselwirkung wahrnehmen, d.h. in ihren relativen und zeitweiligen Eigenschaften!
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Diagram B |
Diagramm 6B: Die zwei Quadrate, das schwarze (A) und das weiße (B), drücken ein Gleichgewicht der Gegensätze aus. Zwei übereinanderliegende Quadrate. Eines drückt das dunklere und schwerere, das andere das hellere und leichtere Moment aus. In diesem Bereich zeigt die Komposition eine Äquivalenz der Horizontalen und Vertikalen, des Weiß und Schwarz, d.h. eine Synthese der Gegensätze auf der Ebene sowohl der Form als auch der Farbe.
Auch hier, wie in 5, verdichtet sich die Synthese nicht in einer einzigen Fläche, wie in Checkerboard with Light Colors.
Über dem weißlichen Quadrat beobachten wir ein anderes quadratisches Feld von ähnlicher Proportion, das aus einem roten Quadrat (C), einem vertikalen blauen Rechteck (D) und einem horizontalen gelben Rechteck (E) gebildet ist. Zusammengenommen, bilden die drei Seiten eine quadratische Proportion aus den drei Grundfarben. Noch einmal von unten nach oben betrachtet, sehen wir ein schwarzes Quadrat, ein weißes und ein drittes in Rot, Gelb und Blau. Im Grunde handelt es sich hier um eine einheitliche, dynamisch nach oben verlegte Synthese. Unten weiß und schwarz (Gegensätze in gedanklicher Hinsicht, Geist); weiter oben eine Synthese der drei Grundfarben, Symbol der Natur. Eine dynamische Synthese des Geistigen und Natürlichen.
Das Vielfältige beschwört eine wahrscheinliche Synthese, die sich aber nicht in einer einzigen Entität, sondern in einem ständigen dynamischen Gleichgewicht zwischen zwei Synthesen verkörpert: der eines einfachen Gegensatzes (Weiß und Schwarz) einerseits und der eines Verhältnisses von drei Grundfarben andererseits.
Wie in 5, scheint es Mondrian auch hier um die gegenseitige Durchdringung des Einen und Vielfältigen zu gehen. Die ganze Fläche teilt sich, vervielfältigt sich und setzt sich wieder zusammen, ohne je die absolute Schwarz-Weiß Synthese von Checkerboard with Light Colors zu erreichen, wohl aber relative Synthesen (A, B) (C, D, E), die einzig dadurch, dass sie qua Wahrnehmung untereinander in Beziehung gesetzt werden, eine einheitliche Synthese evozieren.
Mondrian strebt in dieser Schaffensphase eine gegenseitige Durchdringung des Einen und des Vielfältigen an, muss jedoch zugleich erkennen, dass sich die einheitliche Synthese dabei abschwächt.
Gerade weil sie in ihrem Inneren so artikuliert sind, kommen die großen quadratischen Proportionen, die den Vielfältigkeitsaspekt synthetisch ausdrücken möchten, nicht ganz deutlich heraus. Zwar lassen sich bei einer näheren Betrachtung das proportionale Modul und die verschiedenen Maße als variabler Rhythmus von Formen und Farben, der sich in der großen quadratischen Proportion wieder aufbaut, durchaus entdecken, doch stimmt es auch, dass die Synthesen, gerade weil sie so variabel zusammengesetzt sind, nicht so unverfälscht erscheinen wie die von 1913, 1915 und 1919.
Mit einer großen blauen Fläche (Diagramm B) scheint der Maler von Neuem eine einzige Fläche markieren zu wollen, die für die ganze Komposition gilt. Noch vor der größeren Proportion, die wir in Diagramm A markiert haben, scheint die blaue Fläche auf die Synthese (wenn auch nur auf der Formebene) zu verweisen.
Einerseits öffnet sich also der Maler der Varietät und andererseits neigt er durch die gleichförmige Erhaltung eines großen blauen Feldes zur erneuten Schließung.
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Composition II, 1920, Oil on Canvas, cm. 56 x 63 |
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Composition III, 1920, Oil on Canvas, cm. 51 x 53 |
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Composition with Yellow, Red, Black, Blue and Gray, 1920, |
Von 7 und 8 konnte ich keine farbige Reproduktion finden.
In 7, 8 und 9 nimmt eine quadratische weiße Proportion das Zentrum des Bildes ein.
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Man könnte sagen, die große quadratische Proportion von 5 reinigt sich von aller Vielfalt und wird zu einem homogenen, von schwarzen Geraden begrenzten weißen Feld (9): Die drei Grundfarben (Symbol des Natürlichen) treten nach außen. Dadurch wird die einheitliche Synthese wieder gut sichtbar.
Unterdessen hat die Anzahl an Flächen abgenommen und die Komposition erscheint synthetischer.
Das quadratische Feld in der Mitte suggeriert einen gewissen Parameter konstanten Raumes, während alles andere eine freie Variation der rechtwinkligen Beziehung ist, die zwischen Prävalenzen der einen oder der anderen Richtung und Farbe schwankt. Im Grunde kehrt der Künstler hier zur Einheitskonzeption des Damebretts in hellen Farben zurück (1), d.h. einer Einheit zweier gegensätzlichen Werte, Weiß und Schwarz, aber mit dem grundsätzlichen Unterschied, dass in der Zwischenzeit, im Vergleich zu 1, die Komposition ganz asymmetrisch geworden ist und die Flächen sich nun frei entwickeln, ohne länger einem vorbestimmten Modul zu unterliegen.
In welchem Maße die quadratische Proportion zur Harmonie der Gesamtkomposition beiträgt, ist schwer zu sagen. Das Quadrat lässt sich vom übrigen Bild nicht trennen und isolieren; im übrigens war es auch sicher nicht das Quadrat an sich selbst, das Mondrian interessierte.
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Der Aufbau von 9 avanciert zum Muster fast aller von Mondrian 1922 gemalten Bilder (10, 11, 12, 13), in denen die Kompositionen zusammen mit einer variablen Gesamtheit an weißlichen, grauen und/oder gelben, roten und blauen Flächen eine große weiße quadratische Proportion entfalten. Diese Art von Komposition – siehe Diagramm am Seitenrand – bezeichne ich als Aufbau N. 1. |
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Genauer gesagt, erfolgt die Anwendung dieses Aufbaus nicht unmittelbar nach der Ausarbeitung von 9. Nach 9 arbeitet Mondrian an einer Reihe von Bildern, in denen er nach einer Balance zwischen dem Einen und dem Vielfältigen sucht – Werke, die die Übergangsphase von 9 zu 10, 11, 12, 13 bilden. |
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Aufbau N. 1 |
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Man betrachte etwa 2, 3 und 4, in denen die Flächen stets andere Proportionen annehmen, wobei diese sich noch durch verschiedene Farben unterscheiden.
Der Künstler scheint sich von den Schemata und vorbestimmten Modulen der Werke von 1918-20 befreien zu wollen. Wie gesagt, liegt in diesen neuen Kompositionen kein konstanter Parameter vor wie in, der die Entwicklung der Flächen bremsen würde, weswegen der Raum wieder in gänzlich unkontrollierter Weise variiert.
2: Alles scheint sich in diese Komposition zu verändern; jede Fläche unterscheidet sich in Form oder Farbe von den anderen. Das Gelb zeigt unten eine geradlinige Fläche, in der die Horizontale klar und deutlich überwiegt; oben links ordnet es sich in vertikaler Form an und erreicht auf der rechten Seite mit der Annahme quadratischer Proportionen die Äquivalenz der zwei gegensätzlichen Richtungen. Das Rot tritt oben horizontal auf und erzeugt in der Mitte gegen rechts eine horizontale Prävalenz, die sich in eine vertikale Fläche und in eine Beziehung aufteilt, in der die gegensätzlichen Richtungen ausbalanciert sind.
Das Gleiche gilt für das Weiß, mit einer vertikalen Prävalenz unten, einer horizontalen Prävalenz in der Mitte und einer Äquivalenz oben; ein horizontales Segment teilt das untere vertikale Rechteck auf und spielt auf eine neue potentielle Äquivalenz an. Der Raum ist in Bewegung: Zwischen Prävalenzen der einen oder anderen Richtung entstehen Synthesen in der einen oder anderen Farbe.
In 3 ist es mehr die Farbe als die Form, die ein großes blaues quadratisches Feld bestimmt. Wo anders hingegen ist es die Form, die eine tendenziell quadratische Proportion bestimmt, während die Farbe (Orange/Rot) diese über sich hinaus ausweitet (4).
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Auch 8 gehört zu dieser Gruppe von Werken aus dem Jahre 1921; mit dieser Komposition nimmt der Aufbau von1 ein Jahr zuvor Gestalt an: Ein großes weißes Quadrat, das an vier Seiten von schwarzen Geraden begrenzt ist und durch asymmetrische Felder von Farbe und Nicht-Farbe in einem dynamischen Gleichgewicht gehalten wird.
In allen diesen Kompositionen beschwört Mondrian einen Raum, der sich zwischen einem konstanten Parameter und einer variablen Gesamtheit von Maßen und Farben in einem unstabilen Gleichgewicht hält. Siehe auch Komposition 13 und 15.
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Einige Bilder zeigen weiße quadratische Proportionen, die auf einer Seite (9, 14, 16) oder auf zwei Seiten (11) offen bleiben.
10: Rechts des großen roten Quadrats und rechts des darunter liegenden kleineren schwarzen Quadrats sehen wir ein weißliches quadratisches Feld, das von einem vertikalen Segment, bzw. ein weiteres gräuliches quadratisches Feld, das von einem horizontalen Segment durchzogen wird. Auch dies eine Möglichkeit, bei relativer Beständigkeit des Raumes ein Gefühl von Variation zu erzeugen: Ein und dieselbe Konfiguration verändert die Anordnung, oder umgekehrt, zwei scheinbar verschiedene Dinge verweisen auf ein gleiches Muster. Großes rotes Quadrat, kleineres schwarzes Quadrat, weißes Quadrat mit vertikalem Segment, graues Quadrat mit horizontalem Segment – auch hier verweist das Vielfältige auf das Eine und das Eine ist bereits vielfältig.
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Der Künstler sieht nun einen gänzlich asymmetrischen, dynamischen und relativ vielfältigen Raum; gleichwohl einen Raum, der fähig ist, Synthese und Beständigkeit auszudrücken: eine quadratische weiße Proportion in der Mitte (8), oder große rote Quadrate (6, 10, 12), d.h. die einheitliche Synthese, die sich wieder der Farbe zuwendet, aber diesmal - um sich als einheitliche und also sichtbare zu erhalten und sich nicht, wie in Composition B, zu verlieren - nur einer einzigen Farbe.
Quadratische Proportionen, die sich durch die Farbe herausheben (3) oder die sich mit der Farbe ausdehnen, während die Form sie wieder auf die alte Größe bringt (4 und 14), oder die sich zu einer Seite hin öffnen (9 und 16) und dann wieder schließen und in dezidierter Weise ausdrücken (13 und 15) – alles Ausdrucksarten eines Raumes, der zugleich Ausdehnung und Vielfalt einerseits, Verdichtung und Synthese andererseits beschwört.
In diesen Werken von 1921 sehen wir also, wie der Künstler versucht, die einheitliche Synthese diskreter und vorsichtiger als noch in Composition B und C zu öffnen und zu vervielfachen. Dort hatte der Maler die Synthese aufgeteilt, sie dabei aber fast verloren, da sie nicht sichtbar genug herauskam. Jetzt versucht Mondrian,
die einheitliche Synthese durch alle sie bedrängende Formen- und Farbenvielfalt hindurch in ihrer Sichtbarkeit zu retten.
In den Werken von 1921 scheint er einen Kompromiss zwischen der wenig sichtbaren einheitlichen Synthese von Composition B und C und der ganz und gar sichtbaren, aber vielleicht überwältigenden Synthese von Composition with Yellow, Red, Black, Blue and Gray zu suchen.
Erlesen sind in einigen Bildern die feinen Graunuancen, während die Gelb-, Rot- und Blau-Töne manchmal zu wenig zur Geltung kommen.
In Tableau I with Black, Red, Yellow, Blue and Light Blue zu sehen ist eine Gesamtheit von Flächen, darunter ein weißliches Feld von tendenziell quadratischer Proportion in der Mitte rechts; dieses wird von einer horizontalen Geraden durchzogen. Weiter oben sehen wir ein rotes Feld von analoger Proportion. Während das weiß-graue Quadrat auf vier Seiten geschlossen ist, bleibt die rote Fläche offen: Nach rechts und nach oben greift sie über den Bildrand hinaus. Zwischen einem weißen geschlossenen Quadrat und einem wahrscheinlichen roten offenen, sprich mit Vielfalt und Werden "kontaminierten" Quadrat bildet sich eine Beziehung. Die das weiße Feld durchquerende horizontale Gerade wird vom Gelb nach links hinüber gezogen und trägt dazu bei, das weiß-graue Quadrat in Spannung zu halten, dies aber gänzlich innerhalb des Bildes. Das Blau gleicht das Gelb und Rot gerade soweit aus, um alles in einem dynamischen Gleichgewicht zu halten. Während der kleine schwarze Akzent (über dem Gelb) den Raum verdichtet, hat die schwarze Fläche oben links einen verlängernden Effekt. |
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Tableau I with Black, Red, Yellow, Blue and Light Blue, 1921, Oil on Canvas, cm. 60,5 x 96,5 |
Die klare vertikale Prävalenz des Gelb nimmt sich in der blauen Fläche wieder etwas zurück und wird im weißen Quadrat neutralisiert, in dem sich Vertikale und Horizontale ausgleichen, um sich dann wieder einer neuen, nun horizontalen Prävalenz der roten Fläche zu öffnen.
Die Komposition darf nicht als eine Ansammlung von Flächen gesehen werden, die nebeneinander gesetzt sind, sondern eher als eine Reihe von Beziehungen, durch die sich gleiche Entitäten in Form und Farbe fortlaufend verwandeln.
Im Unterschied zu anderen Werken der gleichen Schaffensperiode bildet diese Komposition meines Erachtens ein gelungenes Beispiel eines komplexen und artikulierten Raumes, der sich in eine harmonisch dynamische Einheit auflöst. Jeder Teil ist anders, aber er trägt auf unverwechselbare Weise Funktionieren des Ganzen bei. Ein Raum in gelungener Spannung. Es gibt einen deutlichen Gegensatz zwischen Horizontaler und Vertikaler, der Spannung erzeugt; zugleich vermittelt eine geschickte gegenseitige Anordnung und Dosierung der Maße und Farben den Eindruck einer optimalen Ausbalancierung der Gewichte; der Raum ist stark asymmetrisch und hält sich doch insgesamt in einem perfekten Gleichgewicht. Zu wissen, dass sich Asymmetrie und größte Verschiedenheit in einem harmonischen Raum aufheben können, tut der Seele gut. Wäre es doch auch so im gesellschaftlichen Leben!
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Diese Kompositionen 1921-1922 (1, 2, 3, 4 und 5) wurden anhand des von mir so genannten Strukturtyps N.I. erläutert.
In diesen Bildern nimmt, wie gesagt, eine große quadratische, innen weiße Proportion einen großen Teil der Komposition ein; um diese herum gruppieren sich Felder von einem ähnlichen oder leicht verschiedenen Weiß (Unterschiede, die man in den Reproduktionen nicht bemerkt) und drei Flächen von verschiedener Größe und jeweils anderer Grundfarbe. Die Farbfläche sind so angeordnet, dass sie eine Asymmetrie erzeugen und das Quadrat ‚dezentrieren’. Im Vergleich zu den Kompositionen von 1920-21 gehen hier die Flächen weiter zurück; die Geraden nehmen an Stärke zu, während die drei Grundfarben dazu neigen, sich von hybriden Tönen zu befreien, wie zum Beispiel vom Gelb-Grün oder Orange- oder Rosa-Rot einiger Kompositionen von 1921. |
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Aufbau N. 1 |
1, 2, 3, 4: Wie schon bei anderer Gelegenheit beobachtet, brechen auch in diesen Kompositionen die Geraden vor dem Bildrand ab. Fast scheint es, als würden sich die Geraden gegenseitig bremsen; als wolle der Maler die Autonomie der Farbflächen verstärken; als wolle er der Farbe größere Freiheit geben – der Farbe, die auf dem Bild wohl festgelegt und begrenzt ist, aber sich in Bildrandnähe und darüber hinaus frei ausdehnt.
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Man nehme diese Sequenz: Innerhalb von drei Jahren hat sich die ganze noch in 1 vorhandene Vielfalt allmählich auf etwas reduziert, was wir als ein Detail von 1 lesen könnten, auf das sich der Maler konzentrieren zu wollen scheint (3 und 4). Dieses Detail umfasst die weiße zentrale Einheit und drei Flächen von jeweils anderer Grundfarbe und anderen Maßen und Proportionen.
In 1, wo sich eine große Anzahl gleicher Größen nur über die Farbe verändern, ist das Gefühl für Variation einhellig.
In den neuen Bildern (3 und 4) beobachtet man eine kleinere Anzahl von Teilen, die jedoch der Form wie auch der Farbe nach variieren und dadurch jeden Punkt im Raum einzig und unwiederholbar machen. Die Zahl der Teile verringert sich, aber ihre gegenteilige Verschiedenheit nimmt zu. An die Stelle eines quantitativen Gefühls für Vielfalt tritt ein qualitatives.
Wie in 1 geht auch in diesen Kompositionen die deutliche Differenzierung der Gelb- , Rot- und Blautöne in einen feineren Kontrast der Grau- und Weiß-Töne über; bis hin zum Weiß des zentralen Quadrats, in dem die ganze Farbvariation für einen Augenblick annulliert ist. Dieses Weiß ist erlesen, ganz gemalt, gesättigt von Leben. Potentiell enthält es alle Farben. Dieses Stück absoluten und konstanten Raums verändert sich allmählich durch leichte Weiß- und Grau-Variationen und dann durch die auffälligere Differenzierung der Gelb- , Rot- und Blautöne.
Mutatis mutanti ist es immer noch der Raum von Pier and Ocean 5, der auftaucht.
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Wie in Pier and Ocean 5 (1) und dann in Checkerboard Composition with Light Colors (2), aber jetzt in einer reduzierteren und knapperen Form, bildet jedes Bild von 1921 - 1922 ein dynamisches Gleichgewicht zwischen einer Vielfalt heterogener Situationen und einer tendenziell homogeneren und konstanteren Komponente. Mal überwiegt die Horizontale, mal die Vertikale, hier gelb, dort rot; mal ein kaltes, mal ein wärmeres Weiß; jedes Teil unterscheidet und trennt sich vom anderen durch Größe, Proportion und/oder Farb- oder Nicht-Farbton. Der Raum wächst und vervielfacht sich qua Unterscheidung, während er sich in der Mitte konstanter hält und die ganze Variation zwischen den Gegensätzen (Größe, Proportionen, Farben) in Synthesen ausdrückt.
Da das Bild nur eine gewisse Anzahl an Flächen enthalten kann, bilden die Flächen um das Quadrat herum notwendigerweise nur eine begrenzte Stichprobe der Vielfalt der Welt. Daher werden ab 1923 die neoplastischen Geraden ununterbrochen weiter laufen; sie laufen weiter, um zu sagen, dass die Varietät der Welt weit größer ist als diejenige, die in einem Bild ausgedrückt werden kann.
Gegensätzliche Begriffe sind ein vom menschlichen Denken erdachtes Mittel, um die enorme Variationsbreite der Natur zu reduzieren und zu konzentrieren.
Angesichts der Unmöglichkeit, die reale Ausdehnung und Vielfalt der Welt zu begreifen und darzustellen, greift der menschliche Verstand auf die beiden höchst unterschiedlichen Werte zurück. Er ist ein Hilfsmittel, das dazu dient, eine Ausdehnung, die eigentlich unendlich und damit als Ganzes undenkbar ist, endlich - d.h. denkbar und begreifbar (im Sinne von einschließen, enthalten, umfassen) - zu machen.
Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Zwischen Schwarz und Weiß gibt es einen nahezu unendlichen Bereich von Grautönen, den wir uns in seiner ganzen realen Breite und Vielfalt gar nicht vorstellen können. Der Verweis auf gegensätzliche Werte ist ein gedanklicher Kunstgriff, der dazu dient, die Vielfältigkeit der Wirklichkeit zu verkapseln. Dabei ist stets zu bedenken, dass diese Reduktion nicht die Realität der Natur, sondern die des Denkens ist. Die neoplastischen Kompositionen der frühen 1920er Jahre stellen eine notwendigerweise begrenzte Veranschaulichung der Vielfalt der Welt dar, da die Leinwand nur eine bestimmte Anzahl von Formen und Farben aufnehmen kann. So setzten sich die neoplastischen Linien ab 1923 ununterbrochen fort, um auf den Formen- und Farbenreichtum des realen Raumes anzuspielen, den keine Leinwand jemals erschöpfend darstellen kann.
Ich kann nicht sagen, inwieweit die quadratische Form daran beteiligt ist, der Komposition als Ganzes Harmonie zu verleihen. Das Quadrat kann nicht herausgegriffen und aus seinem Kontext isoliert werden, und auf jeden Fall war es nicht das Quadrat an sich, das Mondrian interessierte. Bestimmte Kritiker haben oft den geometrischen Aspekt der neoplastischen Malerei betont und damit Reaktionen anderer hervorgerufen, die die reduzierende Betrachtung von Mondrians Kunst als Geometrismus um seiner selbst willen ablehnen. Das mag daran liegen, dass nur wenige die marginale Rolle verstanden haben, die geometrische Schemata in der Entwicklung seines visuellen Denkens und im Werk echter abstrakter Maler im Allgemeinen tatsächlich gespielt haben.
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Für den holländischen Maler bezeichnet die quadratische Proportion keine festgelegte und in sich abgeschlossene geometrische Form, sondern jenen momentanen Zustand, in dem sich die Beziehung zwischen der Horizontalen und Vertikalen ausgleicht. Und zum Gleichgewicht tragen alle Elemente der Komposition bei, nicht nur das Quadrat. Es ist dieses Gleichgewicht, das einem Raum, der von dynamischen Beziehungen zwischen verschiedenen, ja gegensätzlichen Entitäten lebt – Entitäten, die im Quadrat deckungsgleich werden, um sich dann wieder entgegenzusetzen - eine größere Festigkeit und Dauer verleiht.
Dies wird im Quadrat in eine Gleichwertigkeit umgewandelt, die dann verloren geht, wenn die verschiedenen Aspekte wieder beginnen, einander herauszufordern und Vorherrschaft übereinander zu erlangen. Das Gleichgewicht der Komposition wird durch alle Elemente beeinflusst und nicht nur durch das Quadrat. Jeder Teil ist einzigartig und unwiederholbar, trägt aber dennoch zur Gesamtökonomie des Werkes bei, und es ist gerade die Vision des Ganzen, die den relativen Wert jedes einzelnen Teils bestimmt.
Bestimmte Kritiker legen großes Gewicht auf den geometrischen Aspekt der neoplastischen Malerei; andere dagegen lehnen die Auffassung der Mondrianschen Kunst als eines Geometrismus um seiner selbst willen als reduktiv ab. Nur wenige vielleicht haben die tatsächlich marginale Rolle der geometrischen Schemata in der Entwicklung des visuellen Denkens Piet Mondrians – wie überhaupt in der abstrakten Malerei – verstanden.
Abstrakte Kunst, besonders die mit präzisen Formen, ist einmal als hard edge definiert worden: hartkantig – als ginge es um äußere Objekte. Die Bedeutung der neoplastischen Malerei liegt jedoch gerade in der Abschaffung der einzelnen Form zugunsten des Ausdrucks von Beziehungen. Maße, Proportionen, Farb- oder Tonvariationen sind hier gerade nicht vorherbestimmt, sondern gehen auseinander hervor und beeinflussen sich gegenseitig. Die neoplastischen Quadrate sind nie wirklich Quadrate, denn über ihre Proportionen entscheidet nicht die Mathematik, sondern das Auge. Manchmal sind sie vertikal, manchmal horizontal erweitert, ganz nach dem räumlichen Kontext. Jedes Bild zeigt eine andere quadratische Proportion, wenn es auch immer das Bedürfnis nach Gleichgewicht gerade in diesem und keinem anderen Kontext befriedigt. Jeder Teil ist einmalig und unwiederholbar und trägt dennoch zur Ökonomie des Ganzen bei, wie es auch gerade eine Gesamtsicht ist, die die relative Bedeutung jedes einzelnen Elements in diesem besonderen Kontext bestimmt. Der neoplastische Raum kennt keine kontextunabhängigen Dinge.
Es geht also nicht um das Quadrat an sich, sondern um das Ganze; um jenen Raum, der aus einer unbeständigen Lage heraus zu einem provisorischen Gleichgewicht findet, um dann wieder zu einem unsteten Wechsel von Situationen zurückzukehren. Überwiegt der konstante Aspekt, so schrumpft der Raum zu einem statischen Quadrat und hat wenig Ähnlichkeit mit dem Leben; überwiegt umgekehrt der veränderliche Aspekt, so läuft der Raum Gefahr, chaotisch zu werden und stößt beim Menschen auf Unbehagen. Das subtile Gleichgewichtsspiel des neoplastischen Raumes ist eine Übertragung der weit komplexeren und nie erreichten Balance der Existenz. Wie so oft im Leben haben wir das Gefühl, ein dauerhaftes Gleichgewicht gefunden zu haben, das dann immer wieder umgeworfen wird!
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1 - Lozenge Composition with Yellow, Black, Blue, Red and Grey, 1921, Oil on Canvas, |
2 - Lozenge Composition with Red, Blue, Yellow and Black, 1924-25, Oil on Canvas, cm. 100,5 x 100,5 - Diagonal cm. 142,8 x 142,5 |
1921 nimmt Mondrian das Rautenformat wieder auf, das er zwischen 1918 und 1919 benutzt hatte und arbeitet an einer neuen Komposition (1), die die Grundlage für ein folgendes Bild bilden wird, das der Maler 1924 – 25 (2) realisieren wird. Zwischen 1925 und 1933 wird Mondrian das Rautenformat für weitere neun Kompositionen benützen.
Sowohl in 1 als auch in 2 sehen wir eine variable Anzahl von weißen und weißlichen Flächen, einer gelben, einer roten, einer blauen und einer schwarzen Fläche.
Die schwarze Fläche in 1 zeigt Proportionen, die denen eines leicht vertikal ausgerichteten Quadrates ähnlich sind. Rechts von ihr sehen wir eine größere weiße Fläche, auch sie mit Proportionen, die denen eines Quadrates ähnlich sind, aber mehr horizontal ausgerichtet. Weiter oben sehen wir schließlich ein echtes weißes Quadrat.
Außer der schwarzen greifen sonst alle Flächen mehr oder weniger über das Bild hinaus; vor allem die farbigen drücken unklare Proportionen in Vergleich zur schwarzen Fläche und zu den zwei großen weißen Flächen aus.
Mit der Einführung einiger Veränderungen präzisiert sich in 2 die Struktur: die Geraden treten markanter und untereinander verschieden stark auf; die schwarze Fläche rückt nach unten, und die einzige noch als ganze im Bild einbegriffene Fläche ist eine weiße quadratische Proportion, die, wie in 1, oberhalb einer anderen quadratischen Proportion, die teilweise über das Bild hinausgreift, verläuft.
Im Original habe ich dieses Bild nicht gesehen. Nach den Reproduktionen, die in meinem Besitz sind, scheint sich das Weiß in mindestens drei Nuancen zu differenzieren: während das quadratische Feld oben ein volles Weiß zeigt, erscheint das Weiß sowohl rechts als auch unten kälter; auf der linken Seite erscheinen die Flächen in einem wärmeren Weiß. Über die unterschiedlichen Weißtöne hinaus, tragen auch die Form und die Stellung (die Tatsache, dass sie die einzige Fläche ist, die als ganze im Bild eingefasst ist) dazu bei, dass die quadratische Proportion in Vergleich zu den anderen Flächen eine größere Vollendetheit und Beständigkeit ausstrahlt. Es ist, als seien alle anderen Flächen eine Variation jenes Quadrats, das uns die Möglichkeit eines idealen Gleichgewichts vorführt, eines Gleichgewichts, das im Alltag nur selten erreicht wird (alle anderen Flächen drücken die Bedingtheit des Alltags aus).
Auch hier wie in den Bildern rechteckigen Formats von 1922 stehen wir vor einem asymmetrischen Raum, der aus verschiedenen Elementen gebildet ist - je nach Prävalenz einmal der Horizontalen, einmal der Vertikalen, der einen oder anderen Farbe. Die Verschiedenheit hebt sich in dem Moment auf, in dem sich die Gegensätze, die die Vielfalt erzeugen, in einer einheitlichen Synthesis ausgleichen, während der umgebende Raum schon wieder dabei ist, sich nach neuen Prävalenzen der einen oder der anderen Richtung, der einen oder anderen Farbe, zu verändern.
Die mit der oberen Rautenspitze zusammenfallende Fläche oberhalb des Quadrats scheint von einem ähnlichen Weiß zu sein wie das des unterhalb liegenden quadratischen Feldes. Wenn dem so ist und in Anbetracht des nach oben weiterlaufenden Weiß, findet sich die quadratische Proportion in einen dynamischen Zustand. Wir können also die zwei Quadrate in einer vertikalen Sequenz lesen, als handele es sich um dieselbe Entität, die im unteren Teil unvollständig auftaucht, im gänzlich geschlossenen Quadrat die Äquivalenz erreicht und sich nach oben hin auflöst. Die schwarze untere Fläche fungiert als Gegengewicht zur Ausdehnung nach oben, wodurch diese einen größeren Auftrieb bekommt. Durch die drei Flächen in den Grundfarben wird die Asymmetrie der Komposition hervorgehoben.
Auch in einer nachfolgenden Raute (3) neigt Mondrian dazu, das Quadrat zu verdoppeln, aber auf andere Weise, weil hier die Verdoppelung durch Verschiebung erfolgt. So zeigt diese Komposition eine große, tendenziell quadratische Proportion, die durch die Wechselwirkung zweier entgegengesetzter Rechtecke erzeugt wird, die nach nach unten (Diagramm 3A) und nach rechts (Diagramm 3B) hin teilweise aus dem Bild hinausragen. Rot, Schwarz und Gelb bestimmen von außen her eine größere Proportion, die sich über den Bildrand hinaus erstreckt (Diagramm d), während das Blau das Feld wieder nach Innen holt. |
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Diagram 3A |
Diagram 3B |
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3 - Lozenge Composition with Red, Black, Blue and Yellow, 1925, Oil on Canvas, cm. 77 x 77 - Diagonal cm. 109 |
Es handelt sich um ein zwischen horizontaler und vertikaler Prävalenz dynamisch ausbalanciertes Quadrat; ein wahrscheinliches Quadrat, das sich mit variierender Größe und Proportion ausdehnt und zugleich verdichtet. Die in 2 und dann in 3 sich manifestierende Idee der zwei Quadrate drückt sich hier auf andere Weise, aber in gleicher Absicht aus: nämlich die Äquivalenz der Gegensätze dynamischer zu machen und das Eine zu vervielfältigen. In 2 geschieht dies mit der gleichzeitigen Anwesenheit zweier unterschiedlicher Quadrate, die als sukzessive Momente ein und derselben Entität betrachtet werden müssen – einer Entität, die im Werden festgehalten wird; hier dagegen geschieht es mit der gleichzeitigen Ausdehnung und Kontraktion eines einzigen quadratischen Feldes, das sich einerseits durchhält und andererseits in unbestimmter Weise über das begrenzte Feld des Bildes ausdehnt.
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In einigen Werken von 1921 bis 1922 haben wir eine große oder mittlere, mal rote (1), mal weiße (2) quadratische Proportion gesehen, die auf einer (3) oder zwei (4) Seiten offen bleibt.
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Diese Tendenz nimmt um 1925 Gestalt an; um diese Zeit zeigen einige Bilder rechteckigen Formats eine gemeinsame Charakteristik: die große, auf vier Seiten geschlossene quadratische Proportion, die sich in allen Kompositionen des Aufbautyps N. I beobachten lässt, öffnet sich nach einer Seite (5, 6, 7, 8).
Das Quadrat bleibt auf der linken (5, 6, 8) oder rechten Seite (7) offen und sein weißes Feld scheint sich über das begrenzte Bildfeld hinaus auszudehnen.
Um genau zu sein, ist das weiße Feld in 7 kein Quadrat mehr, sondern ein vertikales Rechteck. Sind wir wirklich sicher, dass es ein Quadrat gewesen ist oder immer noch ist, das sich über den Umfang des Bildes hinaus erstreckt?
Diese Tendenz zur Öffnung und Ausdehnung der quadratischen Proportion über die Bildränder hinaus, nimmt in neuen Rautenkompositionen Gestalt an.
Eine horizontale Gerade und zwei vertikale Geraden durchziehen und zerteilen das Bild. Die horizontale und die vertikale rechte Gerade scheinen von gleicher Stärke zu sein, während die linke vertikale Gerade dicker ist und damit ihre geringere Länge zu kompensieren scheint. In einem Raum, der immer synthetischer wird, kann die Stärke einer Linie dazu dienen, die Gewichte zu dosieren und die Gesamtstruktur der Komposition zu beeinflussen. Der Aufbau leitet sich scheinbar von Lozenge Composition with Red, Black, Blue and Yellow ab, der hier um einige Teilen erleichtert scheint. |
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Diagram 4a |
Diagram 4b |
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4 - Tableau N. 1, Lozenge with Three Lines, Blue, Gray and Yellow, 1925, |
Die tendenziell quadratische Proportion in der Mitte von 3 verwandelt sich in ein nach oben hin offenes Feld, das sich auch zugleich nach rechts auszudehnen scheint, dank der Tatsache, dass die Fläche, die mit der rechten Rautenspitze zusammenfällt, von gleichem Weiß ist wie das quadratische Feld, während die darunter liegende Fläche grau ist. Unten rechts erscheint eine kleine gelbe Fläche; das Ganze wird nach links hin durch die stärkere Gerade und die blaue Fläche wieder in Gleichgewicht gebracht.
Setzt man die horizontale Gerade mit der rechten vertikalen in Beziehung, zeigt sich eine rechteckige, mehr vertikal ausgerichtete Fläche (Diagramm 4a), während sich aus der Beziehung zwischen derselben Horizontale und der linken Vertikale ein horizontales Feld ergibt, das die rechte Rautenspitze zu sich zieht (Diagramm 4b).
Die horizontale Proportion (b) zieht den Blick nach unten, die vertikale (a) nach oben; die Beziehung zwischen den beiden Proportionen erzeugt ein virtuelles quadratisches Feld, das sich unter dem konkurrierenden Einfluss der Vertikalen und Horizontalen ausdehnt und zusammenzieht.
Der Raum als ganzer ist ausgeglichen; durch die fortlaufende, quasi simultane Wiederzusammensetzung von Teilen - von denen, wohlgemerkt, keines an sich selbst eine eindeutige einheitliche Synthese ist, wie das auf vier Seiten geschlossene Quadrat - nimmt der Raum für einen Augenblick einen einheitlichen Ausdruck an.
Das virtuelle Quadrat dehnt sich nach oben über den Bildrand aus, ideell ins Unendliche ragend, während die Farbakzente (vor allem das Blau auf der linken Seite) den Blick nach unten ziehen. In der neoplastischen Sprache symbolisiert Weiß das Geistige und die Grundfarben symbolisieren das Natürliche.
Wir können also diese Komposition auch als eine Metapher für die absoluten Impulse des Geistes sehen, die von jener Seite im Menschen, die der Natur näher steht, zur Konkretion gerufen werden. Eine dynamische Beziehung zwischen gegensätzlichen Impulsen, die in der Versöhnung für einen Augenblick einen wahrscheinlichen Bereich des Gleichgewichts finden.
Dieses Bild zeigt einen noch mehr auf das Wesentliche reduzierten Raum: zwei senkrecht aufeinander stehende Geraden durchziehen das Bild und deuten ein quadratisches Feld an, das sich jetzt nach zwei Seiten öffnet. Die Rautenspitzen oben und unten scheinen den Innenbereich des Quadrates auszudehnen. Die Frage ist jedoch erlaubt, ob es sich noch um ein Quadrat handelt oder nicht vielmehr um die Andeutung eines möglichen Quadrats, das, kaum erschienen, sich schon außerhalb unseres Gesichtsfeldes befindet. Die Geraden dehnen das weiße Feld ins Unendliche aus; das Blau ruft den Raum in eine konkretere Dimension zurück. In der Zwischenzeit sehen wir, dass nun alle Geraden eindeutig über den Bildrand hinauslaufen, um jene Raumkontinuität zu beschwören, die in weniger expliziter Form sich schon ab 1919 manifestierte. |
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5 - Lozenge with Two Lines and Blue, 1926, Oil on Canvas, Diagonal cm. 84,9 x 85 |
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While the large square opens up and expands in various works of this period, Mondrian was working on other compositions where a large square again appears in a closed form clearly defined by four sides ( 6, 7, 8, 9)
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Während sich in verschiedenen Werken dieser Schaffensperiode die große quadratische Proportion öffnet und ausdehnt, arbeitet Mondrian zugleich an anderen Kompositionen, in denen sich die große quadratische Proportion wiederum schließt und an vier Seiten wohl eingegrenzt ist (6, 7, 8, und 9).
In allen während der ersten Hälfte der 20er Jahre realisierten Werken werden die großen Quadrate, ob geschlossen oder offen, immer durch Flächen ausbalanciert, die sich in rechteckigen Proportionen entfalten, wobei mal die eine mal die andere Richtung deutlich vorwiegt, wie in 8 und 9 zu sehen ist (Gelb und Blau Flächen), aber auch durch Flächen, in denen sich das Ungleichgewicht zwischen den gegensätzlichen Richtungen reduziert, d.h. Proportionen erreicht, die sich dem Quadrat annähern wie in 10, 11, 12, 13 zu sehen ist.
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12 (keine verfügbares Farbiges Abb.) |
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Als rechteckige verleihen die Flächen der großen quadratischen zentralen Proportion Dynamik; als annähernd oder ganz quadratische Proportionen scheinen sie dem großen weißen Quadrat den Raum streitig machen zu wollen, denn die Äquivalenz der Gegensätze wird nicht mehr durch ein einziges großes, sondern nun auch durch kleinere Quadrate ausgedrückt. Die Äquivalenz verdoppelt und unterscheidet sich.
Zum Beispiel 9: die rote Fläche und vor allem die beiden darunter liegenden weißen Flächen nähern sich quadratischen Proportionen an, während die gelben und blauen Proportionen eindeutig horizontal oder vertikal ausgerichtet sind. Drücken die ersteren als Variation des großen zentralen Quadrats ein Stück beständigen Raumes aus, so die letzteren ein Stück des dynamischen Raumes, der die Äquivalenz der Gegensätze im großen Quadrat eher spaltet und wieder aufbricht.
In 12 sehen wir ein großes weißes Quadrat und ein kleineres farbiges. Die Farbe des kleineren ist mir nicht bekannt, da ich dieses Werk weder gesehen habe, noch eine Farbreproduktion kenne. Im großen Quadrat zeigt sich eine leichte vertikale und im kleinen eine kaum wahrnehmbare horizontale Prävalenz, gerade genug, um die Komposition in Bewegung zu halten.
8: Entlang einer großen, tendenziell quadratischen Fläche verläuft eine gelbe vertikale Fläche, die die Proportionen eines Segments der Geraden hat; weiter sehen wir eine horizontale blaue Fläche, in der sich, im Vergleich zur gelben, das Ungleichgewicht zwischen Horizontale und Vertikale verringert, und schließlich ein rotes vertikales Feld, in dem die horizontale Komponente weiter anwächst und sich das Ungleichgewicht zwischen den Gegensätzen noch mehr vermindert. Eine horizontale Gerade teilt das rote Feld in zwei Flächen, deren untere eine quadratische Proportion darstellt, die nach links hin offen bleibt, während die andere ein eher horizontal ausgerichtetes Rechteck ist, das sich sowohl nach links als auch nach oben hin öffnet. In der Sequenz betrachtet, sehen wir eine gelbe vertikale Fläche, die auf dem Weg einer blauen horizontalen Fläche zu einem Gleichgewicht zwischen Vertikaler und Horizontaler gelangt (rotes Quadrat), um sich dann im oberen roten Rechteck wieder einer Prävalenz, diesmal einer horizontalen, zu ergeben. Die Bewegung verläuft also von einer ausgeprägten Prävalenz des einen Momentes auf "Kosten" des entgegengesetzten über ein augenblickliches Gleichgewicht der gegensätzlichen Momente hin zu einer erneuten Hinwendung zu neuen Prävalenzen und Ungleichgewichten. |
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8 - Composition with Red, Yellow and Blue, 1927, Oil on Canvas, cm. 51,1 x 51,1 |
Die Bewegung verläuft also von einer ausgeprägten Prävalenz des einen Momentes auf "Kosten" des entgegengesetzten über ein augenblickliches Gleichgewicht der gegensätzlichen Momente hin zu einer erneuten Hinwendung zu neuen Prävalenzen und Ungleichgewichten.
All das trägt sich um eine große, quadratische, weiße Proportion herum zu, die wie eine Art Idealbild oder absolutes Gleichgewicht erscheint, das durch Flächen verschiedener Farbe und in zeitlicher und damit relativer, man könnte sagen: alltäglicher Abfolge realisiert wird.
Das Idealbild eines absoluten Gleichgewichts realisiert sich in Weiß, Mondrians geistiger Farbe; das relative Bild hingegen, das sich in zeitlicher Abfolge (einem Rhythmus verschiedener Entitäten) entwickelt, realisiert sich in den drei Grundfarben, Mondrians Farben des Natürlichen.
In existentielle Begriffe übersetzt, gehen wir von einem Ungleichgewicht zwischen gegensätzlichen Impulsen (sagen wir: Instinkt und Vernunft) in ein Gleichgewicht über, in dem die Dualität aufgehoben und volle Seinsfülle erreicht wird; schon bald jedoch wird die erreichte Balance wieder gestört.
Es ist diese prekäre Balance, die unseren Alltag mit seinen Situationen ausmacht. Manchmal begegnen wir einer Person oder stoßen auf Dinge, die unsere verborgensten Saiten vibrieren lassen; dann schießen für einen Moment alle Bruchstücke des Alltags zu einem unicum zusammen und lassen uns im Einklang mit uns selber und der Welt fühlen.
9: Hier sehen wir eine große quadratische weiße Proportion, labil balanciert von drei Flächen (einer gelben, roten und blauen), die das große quadratische Feld per Addition und Subtraktion in eine Spannung zwischen horizontalen und vertikalen Prävalenzen versetzen. Die zwei Farbflächen auf der rechten Seite zeigen horizontale Proportionen, die durch eine leichte vertikale Prävalenz des quadratischen zentralen Feldes ausbalanciert werden; eine Prävalenz, die sich in der Farbfläche, die eigentlich mit der linken Seite des großen Quadrats zusammenfällt, verschärft. Das Quadrat scheint zwischen diesem starken vertikalen Impuls und den zwei horizontal eingestellten Flächen umkämpft zu sein. Als wolle es sagen, dass sich das Gleichgewicht nur aus dem Gegensatz, die Einheit nur aus der Verschiedenheit ergebe. Auch hier ist eine quadratische Proportion das momentane homogene Ergebnis untereinander heterogener Komponenten (Gelb, Rot, Blau, Horizontal, Vertikal). |
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9 - Composition with Red, Blue and Yellow, 1927, Oil on Canvas, cm. 38 x 35,5 |
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Weiter oben sprachen wir von Werken, in denen sich die große quadratische Proportion öffnet und das innere Feld über den Bildrand hinausgreift; bei einigen geht das soweit, dass wir das vertikale Rechteck im Bild nur als Teil des großen Quadrats erahnen können (2). Betrachten wir nun diese Sequenz von Werken:
Die Betrachtung der ersten drei Kompositionen ergibt, dass sich das große weiße quadratische Feld in 1 fast ganz innerhalb der Bildgrenzen befindet. In 2 dehnt sich das große Quadrat nach links aus und greift in 3 zu einem großen Teil über das Bild hinaus; die hier sichtbare Proportion ist die eines vertikalen Rechtecks.
Erweitern wir jedoch den Blick und betrachten in 3 den ganzen Raum zwischen den zwei horizontalen Geraden, merken wir, dass sie zusammen mit den zwei vertikalen Seiten des Bildes eine neue, tendenziell quadratische Proportion bildet; eine quadratische Fläche, die von einer vertikalen Gerade durchlaufen wird. Das gleiche lässt sich in einigen nachfolgenden Werken beobachten (4 und 5).
Diesen neuen Typus von Komposition, der zwischen 1927 und 1928 entsteht, nenne ich Aufbau N. II.
Die quadratische Proportion des Aufbaus II wird von einer vertikalen Geraden durchzogen; im Vergleich zum großen Quadrat des Aufbaus A macht das Quadrat dieses neuen Aufbaus einen weniger entschiedenen Eindruck. Zeichen des unendlichen Raums (Geraden) tauchen innerhalb des begrenzten Raumes (Quadrat) auf; das veränderliche Element (Gerade) tritt in das konstante Element (quadratische Proportion) ein. Vor allem in den letzten drei Werken der obigen Sequenz erweckt das große Quadrat den Eindruck, vom veränderlichen Raum – den Geraden und anderen Flächen – durchdrungen zu sein. |
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Aufbau N. I |
Aufbau N. II |
Unter den Tendenzen, die sich schon in den Werken von 1921 sporadisch gezeigt hatten, gehört auch diejenige, eine vertikale Gerade durch das Zentrum des Bildes laufen zu lassen. Nach und nach hatte die vertikale Gerade dem großen Quadrat (Aufbau N I) Platz gemacht; jetzt taucht sie wieder auf.
Mit dem Aufbau N. II scheint Mondrian ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit der Erhaltung des konstanten Aspekts – der horizontal-vertikalen Balancierung (Quadrat) – und dem Wunsch nach einer stärkeren Komplexität und Dynamik eben dieses Gleichgewichts, sprich des Quadrats selbst, zu finden. Das Eine mit dem Vielfältigen zu durchdringen – nichts anderes versucht er seit 1920.
Wie schon gesagt, bilden in 3 die zwei horizontalen und vertikalen Geraden und die zwei vertikalen Seiten des Bildes eine große quadratische Proportion. Die vertikale Gerade scheint das quadratische Feld, das sich durch seine offene Seiten über das begrenzte Bildfeld hinaus erstreckt, an sich ziehen und konzentrieren zu wollen. Während aus der Beziehung zwischen der vertikalen und unteren horizontalen Geraden ein rotes Rechteck außerhalb des Quadrats entsteht, bildet dieselbe vertikale Gerade mit der oberen horizontalen eine kleine gelbe quadratische Proportion. Die zwei farbigen Flächen haben die Funktion, die Asymmetrie des Ganzen, aber auch komplementär dazu die quadratische Proportion im mittleren Teil zu unterstreichen. Komplementär, weil dem Rot jener Teil fehlt, der oben vom Gelb besetzt wird, wie umgekehrt das Gelb den Teil besetzt, der unten dem Rot fehlt. Zusammengenommen, würden die zwei farbigen Flächen die absolute Kontinuität der horizontalen Geraden ausdrücken, die jedoch durch den Eingriff der Vertikalen zerlegt und auseinander gerückt wird. Um die dynamische Sequenz der Komposition zu begreifen, muss man sich die zwei horizontalen Geraden einen Augenblick vor dem Durchgang der Vertikalen vorstellen: als sie vermutlich noch ein unbestimmter horizontaler Fluss waren, der sich dann durch den Einschnitt der Vertikale aufteilt und zwei Geraden erzeugt, die zusammen mit den Bildseiten die große quadratische Proportion ins Leben rufen. Da er nach zwei Seiten hin offen bleibt, steht der zwischen den zwei horizontalen Geraden eingefasste Raum in einem prekären Gleichgewicht zwischen der Proportion eines Quadrats (wenn in Beziehung zu den Bildseiten betrachtet) und der eines Rechteckes, das sich progressiv ausdehnt, wenn sich unser Auge von den zwei horizontalen Geraden leiten lässt, die weiter über den Bildrand in Richtung eines virtuell unendlichen Raumes hinausgreifen. |
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3 - Composition N. III with Red, Yellow and Blue, 1927, Oil on Canvas, cm. 40 x 61 |
Die vertikale Gerade unterteilt die ununterbrochene Kontinuität der Horizontale, die aus einem absoluten in einen relativen Zustand übergeht, in dem ein Teil rot, ein anderer Teil gelb erscheint; der eine steht unten, der andere oben; der eine nimmt überwiegend an der Horizontalen (rote Fläche) teil, der andere gleichmäßig an beiden entgegengesetzten Richtungen.
Man könnte sagen, dass aus der Wechselwirkung zwischen der Vertikalen (Symbol des Geistigen, d.h. des Subjekts) und der Horizontalen (Symbol der natürlichen Welt) im Nu die ganze Vielfalt an verschiedenen Farben und Proportionen entsteht; so wie aus der Wechselwirkung zwischen einem Beobachter und der Kontinuität der natürlichen Landschaft eine ganze Vielfalt von Teilen hervorgeht, die wir mental durcharbeiten und dann Realität nennen.
Zwischen dem roten Rechteck, dem gelben Quadrat und jener größeren und instabilen quadratischen Proportion in der Mitte entsteht eine spontane Beziehung; ohne die vertikale Gerade würde sich die größere quadratische Proportion wieder mit den zwei horizontalen Geraden zusammenschließen, die sich wiederum in einer einzigen, horizontalen und erneut absoluten Spannung vereinigen würden; Gelb und Rot lösen sich in Weiß auf, aus dem sie mit dem Durchgang der Gerade hervorgegangen waren. Auch auf Farbebene wird das Relative wieder absolut.
Aus 3 entwickelt sich 4, das einen ähnlichen, aber anders durchgeführten Aufbau zeigt. Von unten nach oben betrachtet, sehen wir ein horizontales gelbes Rechteck, das in ein größeres blaues vertikales Rechteck und dann rotes Rechteck übergeht, in dem sich im Vergleich zu den zwei anderen die gegensätzlichen Richtungen der Äquivalenz nähern. In ihrem Lauf von unten nach oben führt die vertikale Gerade eine Entwicklung der Komposition an, in der die drei Farben und gegensätzlichen Richtungen verschiedene und komplementäre Situationen erzeugen, die sich dann in der großen quadratischen Proportion zusammenfassen, die zwischen den beiden horizontalen Geraden erkennbar ist; gleichen sich hier für einen Augenblick die entgegengesetzten Richtungen aus, gerät doch auf der Farbebene die quadratische Proportion zwischen Weiß und Blau ins Schwanken. Die quadratische Proportion steht im Spannungsfeld zwischen dem blauen Rechteck, das sie aus dem Inneren nach rechts rückt und den gelben und roten Rechtecken, die sie von außen her nach links rufen. |
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4 - Large Composition with Red, Blue and Yellow, 1928, Oil on Canvas Board mounted on Canvas, cm. 79 x 122 |
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Diagram 5a |
Diagram 5b |
5 - Composition N. I with Red, 1931, Oil on Canvas, cm. 54,7 x 82,5 |
Fast drei Jahre später nimmt 5 noch einmal die kompositorische Entwicklung von 4 auf und reinigt sie von Farben. Von den drei Grundfarben ist in 5 nur ein betonendes Rot zu sehen, während sich der größte Teil der Komposition über den Wechsel weißer Flächen entfaltet. In Vergleich zu 4 rückt die vertikale Gerade, typisch für den Aufbau N II, noch weiter in die Mitte des Bildes.
Ausgehend von der roten Fläche und im Gefolge der horizontalen unteren Gerade öffnet sich der Raum rasch nach rechts und wird von der vertikalen Gerade zugleich nach oben gedrückt; so entsteht in der Mitte des Bildes eine quadratische Proportion (Diagramm 5a), die durch eben diese senkrechte Gerade und ein linkes horizontales Segment in mehrere Flächen (Diagramm 5b / A, B, C) aufgeteilt wird.
Die Geraden und Geradensegmente weisen verschiedene Stärken auf: mindestens fünf lassen sich zählen. Das vertikale Segment, das mit der rechten Seite des großen Quadrats zusammenfällt, weist die feinste Stärke auf; danach folgen die vertikale Gerade in der Mitte, die zwei kleinen horizontalen und vertikalen Segmente neben der roten Fläche; die horizontale untere Gerade, die horizontale obere Gerade und das horizontale Segment innerhalb der großen Fläche von quadratischen Proportionen. In dieser Reihenfolge nimmt die Stärke zu, manchmal kaum wahrnehmbar, aber immerhin genug, um sichtbar zu sein.
Zu diesem Zeitpunkt reduziert der Künstler die Elemente und Farben und arbeitet des öfteren mit Weiß, Schwarz und kleinen Farbakzenten (siehe auch diese Werken).
Während der Maler die Elemente reduziert, erhöht er zugleich ihre gegenseitige Verschiedenheit mittels subtiler Variationen, die sich, wie in diesem Fall, in verschiedenen Stärken der Geraden und der Segmente ausdrücken. So erweist sich das Ganze als reich an Nuancen und beschwört jene Vielfalt, an der dem Künstler liegt; und dies auch in einem immer synthetischer werdenden Raum.
In der großen quadratischen Fläche sehen wir ein vertikales Rechteck (Diagramm 5b / B), ein horizontales (C) und eines, in dem sich die gegensätzlichen Richtungen fast ausgleichen (A), ein Ausgleich, der schließlich in dem großen Quadrat (Diagramm 5a) erreicht wird, das eine Synthese aus drei verschiedenen Proportionen ist.
Die kleine rote Fläche zeigt Proportionen, die sich denen des gesamten Bildes annähern. Wir können also von der kleinen roten Fläche ausgehen und dann über die Fläche (A) zum großen Quadrat (Diagramm 5a) überleiten. Zunächst auf die rote Fläche konzentriert, wird unser Blick durch den Fortgang der Komposition nach rechts (Diagramm 5a) gezogen, um dann, nach Betrachtung der Varietät in (Diagramm 5b), sprich A, B, C, wieder von der roten Fläche angezogen zu werden, die die ganze Vielfalt in sich konzentriert. Mehr als die Äquivalenz (quadratische Proportion), scheint es in dieser Komposition die Farbe zu sein, die einen Raum zusammenhält, der sonst zu entweichen droht.
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Zwischen 1925 und 1927 öffnet und dehnt sich, wie wir gesehen haben, das große zentrale Quadrat des Aufbaus N. I über das begrenzte Feld des Bildes aus (1, 2, 3, 4), während es in anderen gleichzeitigen Kompositionen auf vier Seiten geschlossen bleibt (5, 6, 7, 8).
In 8 zeigt sich die große quadratische Proportion (ein leicht vertikales Quadrat) auf vier Seiten geschlossen und im Innern des Bildes gut sichtbar, doch anders als in den anderen Bildern von 1925 bis 1927 (2, 3 und 7) nimmt hier die große Proportion in ihrer Dimension ab und macht einem zweiten Quadrat in roter Farbe Platz, das ein größeres Gewicht im Innern der Komposition erhält.
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Die Dimensionen des Quadrats nehmen in 9 weiter ab, wo die einzige noch auf vier Seiten geschlossene Fläche ein horizontales Rechteck (unten rechts) ist, während wir in 10 wieder ein wirkliches Quadrat sehen, das - wie in 8 - mit einem anderen kleineren roten Quadrat an der Spitze oben links zusammengeht (es handelt sich um den gleichen, nur spiegelbildlich verkehrten Aufbau von 8).
In 8 und 10 macht sich daher die Tendenz bemerkbar, die große quadratische Proportion der vorhergehenden Kompositionen zurückzuschrauben: dies geschieht, indem einem zweiten Quadrat mehr Raum gelassen wird, einem Quadrat, dem mehr Gewicht zukommt als den kleinen farbigen Flächen, die bislang seitlich des großen quadratischen weißen Feldes entstanden. Man vergleiche 10 mit 2, 3, 4, 5 und 7.
Aus dieser Tendenz, die Proportionen des großen weißen Quadrats zugunsten der kleinen farbigen Flächen zu reduzieren, entstehen um 1928-29 zwei neue Aufbau-Typen: Aufbau N. III, der zum ersten Mal in 8 auftritt und sich dann mit 9, 10, 11, 12 entwickelt; und Aufbau N. IV (siehe bitte unten).
Aufbau N. III entsteht aus dem Aufeinandertreffen zweier rechtwinkliger Geraden, die durch die Mitte des Bildes laufen und vier Flächen verschiedener Größe erzeugen, in denen die horizontal-vertikalen Proportionen nicht weit von der Äquivalenz entfernt sind. Die Fläche unten rechts ist in drei weitere Segmente aufgeteilt, die zusammen mit den zwei Geraden eine tendenziell quadratische Proportion und eine kleinere farbige Fläche rechts davon bilden. |
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Aufbau N. I |
Aufbau N. II |
Aufbau N. III |
Aufbau N. III scheint in den Spuren jener vertikalen Gerade zu entstehen, die in Aufbau N. II die Mitte des Bildes erobert. In Aufbau N. II durchläuft die Gerade die quadratische Proportion, die an den Seiten offen bleibt. In Aufbau N. III nimmt die quadratische Proportion ab, rückt nach rechts und vereinigt sich mit dem dynamischen Durchzug der Geraden (tatsächlich teilt sie mit ihnen die rechte und die obere Seite), bleibt aber ganz geschlossen und im Unterschied zu Aufbau N. II in ihrem inneren Feld vollständig.
Das statischere, 1922 das Zentrum der Komposition kategorisch besetzende große Quadrat (Aufbau N. I) macht zuerst einer vertikalen Gerade (Aufbau N. II) und dann zwei rechtwinkligen Geraden (Aufbau N. III) Platz. Dort, wo einst ein endlicher Raum (Quadrat) war, sehen wir jetzt einen Raum, der sich ununterbrochen fortsetzt (Geraden). Dadurch wird das Zentrum des Bildes dynamischer.
In den Kompositionen des holländischen Malers hat, wie wir gesehen haben, das Zentrum des Bildes immer eine fundamentale Rolle gespielt. Ich erinnere an die Baustämme, die sich im mittleren Teil nach oben hin vereinigen, oder an die ungenauen Kreise der Äpfel, die in ihrem Zentrum eine ideale Synthese in Form des genaueren Tellerkreises enthalten. Ich erinnere weiter an den Stamm des naturalistischen Baumes, der aus dem Zentrum heraus die Vielfalt der Äste vereint und dann an ein Quadrat, oder an ein schwarzweißes Rechteck und an eine große quadratische Proportion.
Immer geht es um den mittleren Teil der Komposition. Mit den Werken, die auf dem Aufbau N. II und Aufbau N. III basieren, scheint Mondrian das Bildzentrum und mit ihm die quadratische Proportion und die gesamte Komposition dynamischer gestalten zu wollen.
Folgende Abbildungen stellen weitere Kompositionen (1919-1932) dar, die auf dem Aufbau III basieren.
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Neben den Kompositionen, die auf dem Aufbau N. III basieren, entwickelte Mondrian neue Kompositionen, die unter einem Aufbau N. IV zusammengefasst werden können den wir zum ersten Mal in 21 beobachten, und der dann in 22 bis 27 Gestalt annimmt.
Aufbau N. IV | 21 | 22 |
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Auch Aufbau N. IV entwickelt sich aus der in 10 beobachteten Tendenz, das große Quadrat zugunsten eines zweiten, kleineren Quadrats zu verlagern. In allen neuen Kompositionen nach Aufbau N. IV richtet sich das große Quadrat 1922-27 in der Tat in Richtung obere rechte Ecke neu ein und öffnet sich nach zwei Seiten, während sich an der entgegengesetzten Ecke unten links eine zweite quadratische Proportion ansiedelt (21). Im Grunde geht es um den Aufbau von 10, nur umgekehrt, d.h. mit dem kleinen Quadrat unten links statt oben links (10).
Die mit N. 25 gekennzeichnete Komposition ist im Wesentlichen das auf den Kopf gestellte Aufbau N. IV, d.h. mit einem kleinen Quadrat oben rechts statt unten links.
Betrachten wir nun einige der Gemälde, die zu den beiden Aufbau N. III und IV gehören:
1 - Composition with Yellow, 1930, Oil on Canvas, cm. 46 x 46,5 |
2 - Composition C with Grey and Red, 1932, Oil on Canvas, cm. 50,2 x 50,4 |
Hier scheinen die zwei rechtwinkligen Geraden die quadratische Proportion nach oben und nach links ausdehnen zu wollen, während der Farbakzent (Rot oder Gelb) wieder nach unten rechts ruft. Die Komposition befindet sich daher in einem dynamischen Gleichgewicht zwischen einem offenen, sich ins Unendliche ausdehnenden Raum und demselben Raum, der sich für einen Augenblick in einer endlichen Beziehung verdichtet.
Die drei Flächen, die offen bleiben, scheinen mögliche Varianten der quadratischen geschlossenen Proportion ausdrücken zu wollen: einmal überwiegt leicht die Horizontale, einmal die Vertikale. Manchmal hat man den Eindruck eines Quadrats, doch die Differenzen sind minimal.
Ein bestimmtes Stück Raum (das geschlossene Quadrat) koexistiert mit Stücken eines offenen und unbestimmten Raumes. So erscheinen letztere als vertikale, horizontale Rechtecke oder als Quadrate, wenn in Beziehung zu den Bildseiten gesehen. Eigentlich wissen wir nicht, wie sich jede Fläche über die Bildränder hinaus entwickelt. Im Vergleich zum Quadrat drücken diese Flächen daher einen veränderlichen Raum aus, dessen gegensätzlichen Werte eine klar definierte Äquivalenz erreichen. Es ist, als wolle der Maler gleichzeitig verschiedene mögliche Quadrate einen Augenblick vor oder einen Augenblick nach dem Erreichen der Äquivalenz ausdrücken. Eine Varietät möglicher einheitlicher Synthesen ausdrücken, d.h. das Eine vervielfachen.
Die Tendenz, die Synthese zu vervielfältigen und zu kolorieren, zeigte sich bereits 1921 in einigen Werken, z.B. in der Komposition mit großer roter Fläche, Gelb, Schwarz, Grau und Blau (siehe nebenstehende Abb. 1), in der die Gleichwertigkeit der Gegensätze durch vier verschiedene quadratische Formen ausgedrückt wird: eine größere in Rot (A), eine schwarze (B) und zwei, die sich durch gegenüberliegende Segmente abwechseln (C, D). Dasselbe ist in der Komposition mit Gelb, Blau und Blau-Weiß (Abb. 2) zu sehen, die vier verschiedene quadratische Formen präsentiert, von denen zwei offen gelassen sind (A , C), eine eine leichte horizontale Dominanz aufweist (B), während die andere farbig ist (D). Die Vervielfältigung der Synthese begann also 1921 und nahm gegen die Periode 1928-29 Gestalt an. |
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Abb. 1 |
Abb. 2 |
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Setzen wir unsere Untersuchung der Werke Mondrians zwischen 1929 und 33 fort.
3 - Composition A with Red and Blue, 1932, Oil on Canvas, cm. 55 x 55 |
4 - Composition N. I with Red and Blue, 1931, Oil on Canvas, cm. 50,5 x 50,5 |
3 besteht aus sieben verschiedenen Bereichen; einige gehen in die Proportionen von Quadraten über (1, 2, 4), während andere ein Überwiegen einer Richtung gegenüber der anderen zeigen (3, 5). 2 erscheint als ein Quadrat, das nach unten und links offen bleibt, während 4 sich nach oben und rechts öffnet. Die Flächen 2 und 4 reichen über die Leinwand hinaus und es ist daher der endliche Umfang des Gemäldes, der uns diese beiden Flächen als quadratisch wahrnehmen lässt; in Wirklichkeit sind sie ganz unbestimmte Quadrate. Fläche 1 ist das einzige vollendete, an vier Seiten geschlossene Quadrat. Diese Verbindung zwischen einem vollendeten Quadrat und einer Reihe von offenen, unbestimmten Quadraten erinnert an Pier and Ocean 5 von 1915. Auch die gelben und blauen Flächen reichen über die Leinwand hinaus. In diesem Stadium betrachtet Mondrian die Farbe noch als Symbol für das Natürliche, während die "Nicht-Farbe" (Weiß) das Geistige symbolisiert. Das Natürliche meint nicht nur die äußere Erscheinung unserer Umwelt, sondern auch unsere innere Welt und die unvorhersehbaren Ereignisse des Lebens, die uns in einem Zustand der Unsicherheit halten. |
Spirituell bezieht sich auf die menschliche Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Gegensätzen wie Instinkten und Gedanken sowie nach der Einheit von Mensch und Natur. Die Horizontale und die Vertikale sind jeweils Symbole für das Natürliche und das Geistige. Aus diesem Grund hat der Maler ein dynamisches und variables Quadrat gewählt, um das Gleichgewicht und die Synthese der Gegensätze (horizontal und vertikal) zu evozieren.
Rot, Blau und Ungleichgewichte zwischen Horizontale und Vertikale (3 und 5) sind plastische Symbole für die sich ständig verändernde Erscheinung der Dinge (das Natürliche), während weiße offene Quadrate (2 und 4) die Suche nach Synthese und Gleichgewicht (das Geistige) andeuten, die schließlich mit 1 vollständig erreicht wird, wo die Gegensätze eine relativ stabile Einheit erreichen. Die unvorhersehbaren und sich ständig verändernden Ereignisse der Natur und des Lebens (3, 5) werden allmählich zu (2 , 4) sicheren und relativ konstanten (1).
Die Linien, die sich über die Leinwand hinaus fortsetzen, scheinen sich mit der viel komplexeren realen Welt zu verbinden, von der das Gemälde ein Teil ist; ein Teil, der darauf abzielt, das Ganze ideal zu konzentrieren. Das Gleiche ist auch in 4 und 5 zu sehen.
5 - Composition with Yellow and Blue, 1932, Oil on Canvas, cm. 55,3 x 55,5 |
6 - Composition D with Red, Blue and Yellow, 1932, Oil on Canvas, cm. 38,5 x 42 |
In 6 ist die weiße Fläche oben rechts die einzige Proportion, in der Horizontale und Vertikale Äquivalenz erreichen, während das geschlossene Quadrat unten links hier zu einem horizontalen Rechteck avanciert. Etwas Ähnliches lässt sich in 5 beobachten, wo die geschlossene Proportion vertikal entwickeltere Proportionen aufweist, während die Fläche oben rechts ein richtiges Quadrat ist.
5: Die zwei farbigen Flächen haben ähnliche Proportionen, aber entwickeln verschiedene Farben und Maße. Obwohl von anderer Größe, macht die Farbe sie äquivalent, da das Blau der kleineren Fläche mehr wiegt als das Gelb. Was auf der Ebene der Form unausgewogen wäre, wird von der Farbe balanciert.
Wie oben schon für Aufbau N. III beobachtet, sind es auch in Aufbau N. IV die Bildseiten selbst, die zur Wahrnehmung der die Komposition bestimmenden Proportionen beitragen. Die zwei rechtwinkligen Geraden, die sich durch das Bild ziehen, teilen das Feld in eine Reihe von offenen Abschnitten auf, die mit denselben Geraden über den Bildumfang in einen virtuell unendlichen Raum hinausgreifen. Die inneren Abschnitte des Bildes lassen sich nur dann als quadratische Proportionen erkennen, wenn sie in Beziehung zum Umfang des Bildes selbst gesetzt werden. Die großen oder kleinen quadratischen Felder befinden sich in einem instabilen Gleichgewicht zwischen dem ununterbrochenen Lauf der Geraden und dem endlichen Feld des Bildes. Die quadratischen Felder sind zugleich endlich und unendlich. Aus dieser Wechselwirkung zwischen unendlichem Raum und endlichem Raum des Bildes entstehen die Beziehungen und Proportionen, die zusammen mit den Farben zum Funktionieren des Ganzen beitragen. In Betrachtung der Werke dieser Jahre stehen wir einem Raum gegenüber, der zugleich Gleichgewicht und Veränderlichkeit ausdrückt; einem Raum, der andauert und einen Moment später schon anders ist.
Bei den Kompositionen nach Aufbau N. III finde ich, dass jene, die oben rechts quadratische oder horizontal ausgedehntere Proportionen zeigen (1, 2 und 3), besser funktionieren als jene, in denen diese Proportion quadratisch oder vertikal ist (4, 5 und 6). Denn das Quadrat unten weist größere Spannung auf und der ganze Raum gewinnt an Dynamik, wenn in der oberen rechten Fläche, so wie bei 2 und 3, eine leichte Horizontale Prävalenz überwiegt.
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Ich bin mir der vielleicht sterilen Detailliertheit dieser Beschreibungen sehr wohl bewusst. Natürlich fehlt ihnen die Vitalität, die von der Textur der gemalten Fläche, der Ausdruckskraft der Farben und der greifbaren Stimmigkeit der Komposition in den Originalbildern ausgeht – Momente, die in den kleinformatigen Reproduktionen leider untergehen. Wünschenswert wäre es, diese Erläuterungen mit Museumsbesuchen zu ergänzen, was aber leider nicht immer möglich ist.
Aufbau N. IV |
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In den Werken nach Aufbau N. III haben wir ein geschlossenes Quadrat gesehen, das mit drei potentiellen offenen Quadraten koexistiert; auf diese Weise scheint Mondrian die einheitlichen Synthese vervielfachen und aus dem Gleichgewicht zu wollen. Mit der gleichen Intention, aber auf andere Art, arbeitet der Künstler an den Kompositionen nach Aufbau N. IV wo sich die Variation über das Thema des Quadrats vor allem über die Farbe ausdrückt (4 und 7).
Aufbau N. III entsteht aus dem Aufeinandertreffen zweier rechtwinkliger Geraden, die durch die Mitte des Bildes laufen. In Aufbau N. IV ist das Zentrum größtenteils von mindestens einem der Quadrate (dem größeren) besetzt, und das Auge des Betrachters hält ein dynamisches Gleichgewicht zwischen zwei oder mehreren offenen Quadraten.
In 2 zwei rechtwinklige Geraden erzeugen drei weiße quadratische Felder, eine größeres und zwei kleinere. Eine rote Fläche und ein schwarze üben verschiedene, aber äquivalente Gewichte aus, die zur Steigerung der dynamischen Spannung der Geraden und daher der Quadrate beitragen.
So lässt sich in 7 eine Vielfalt von Quadraten, darunter zwei farbige und zwei weiße, ein größeres und drei kleinere beobachten.
In 4 und 7 scheinen sich das große und das kleinere Quadrat um den Raum zu streiten. Einmal ist das große Quadrat rot und das kleine blau; einmal ist das große blau und das kleine gelb. 4: Durch kleine schwarze Segmente oder Farbakzente werden die Gewichte neu verteilt und das Ganze in dynamischem Gleichgewicht gehalten.
In einigen Kompositionen reduzieren die drei Primärfarbenauf eine einzige, bis hin zu Kompositionen, die ganz in Weiß und Schwarz gehalten sind (5).
Zuweilen kehrte Mondrian zu einer Komposition zurück und fügte leichte Veränderungen an, die in seinen Augen für das Funktionieren der Komposition von Bedeutung erschienen (1, 2, und 3). Als Maler ist mir dieser Vorgang nicht fremd.
6 entsteht aus der Wechselwirkung zweier rechtwinkliger Geraden und zweier Segmente, die tendenziell quadratische Flächen erzeugen: Unter diesen sechs Flächen ist eine von größeren Dimensionen (leicht vertikal entwickelter) und eine gelb. Die anderen, wenn auch weiß (eine ist leicht gräulich), unterscheiden sich ihrerseits durch leicht variierende Proportionen. Die horizontale Gerade ist leicht stärker als die vertikale. Die zwei Segmente sind sichtbar stärker als die zwei Geraden und wiegen schwerer, vor allem das vertikale, das auch die Funktion hat, unten rechts das visuelle Gewicht des gelben Quadrats oben links auszubalancieren. Die Segmente fungieren als Vermittlung zwischen dem dynamischen und unendlichen Raum der Geraden und dem stabilen und endlichen Raum der Quadrate. Die drei Quadrate unten haben die horizontale Gerade gemeinsam und erscheinen ausgewogener als die anderen, die jedoch eine leicht vertikale Prävalenz - vielleicht im Zusammenhang mit der Gerade, die sie erzeugt – entwickeln. Das Auge nimmt Entitäten wahr, die sich bei aller Veränderung relativ konstant halten. Während die Geraden "ausreißen", bleibt irgendetwas und erzeugt eine Vielfalt an tendenziell quadratischen Proportionen, die im Begriff sind, sich zu verändern. |
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6 - Composition N. I with Yellow and Light Grey, 1930, Oil on Canvas, cm. 50,5 x 50,5 |
Die Kompositionen nach den zwei neuen Aufbautypen III und IV scheinen sagen zu wollen, dass es nichts Verschiedeneres gibt als Entitäten, die fast gleich sind.
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Aufbau N. I |
Aufbau N. II |
Aufbau N. III |
Aufbau N. iV |
Im Laufe der 20er Jahre entwickelt sich der neoplastische Raum: einerseits öffnet sich das geschlossene Quadrat nach Aufbau I, und mit dem Aufbau N. II wird dessen inneres Feld von einer durchlaufenden vertikalen Gerade dynamisiert; andererseits bleibt mit dem Aufbau N. III das Feld innerhalb des Quadrats intakt, wird jedoch verkleinert und vom dynamischen Verlauf der Geraden, die das Zentrum der Komposition ununterbrochen durchziehen, angetrieben.
Mit Aufbau N. IV öffnet sich das große Quadrat auf zwei Seiten, verdoppelt und vervielfacht sich und färbt sich einmal rot, einmal blau, einmal gelb.
Als gemeinsamer Nenner der drei neuen Aufbautypen versetzen sie die Äquivalenz der Gegensätze in größere Dynamik und Vielfalt und öffnen sie der Farbe.
Im Vergleich zu den Kompositionen der frühen 20er Jahre (Aufbau N. I) erlangen die Geraden in den drei neuen Aufbautypen (N. II, III, IV) größere Autonomie, wodurch die Komposition dynamischer wird. So erscheinen die Geraden in der Komposition von 1922 (Aufbau N. I) wie eine Kontur des großen Quadrats, das dadurch, dass es einen großen Teil des mittleren Bereichs besetzt, die dynamische Kontinuität der Geraden hemmt. Vor allem in den Kompositionen nach Aufbau III und IV scheint das Quadrat jedoch dem Raum der Geraden zu entspringen und deren unendlichen Raum zu teilen.
Dies findet in allen Werken (ungefähr 30) statt, die zwischen 1928 und 1932 den drei Aufbauvarianten (N. II, III, IV) folgen und deren gemeinsamer Nenner darin besteht, die Äquivalenz der Gegensätze (Quadrat) zu größtmöglicher Vielfalt an Maßen, Proportion und Farbe anzutreiben, um auf diese Weise dem ganzen Nuancenreichtum, der sich zwischen zwei gegensätzlichen Vorstellungen auftut, Tribut zu zollen. Sich in der Äquivalenz der Gegensätze der ganzen Variation öffnen, die in der Realität zwischen ihnen steht, ohne sich jedoch zu verlieren. Das Eine zur Vielfalt hin öffnen und dabei das Gleichgewicht zwischen der vielfältigen Realität der physischen Welt und dem mehr synthetischen und einheitlichen Raum des Bewusstseins halten.
Zur Klarstellung: Die von mir zu Zwecken der Erläuterung benutzten Schemata (Aufbau I, II, III, IV) sind als Interpretationsmodelle zu nehmen, die sich auf das Werk des holländischen Malers sehr wohl anwenden lassen, was nicht heißt, dass es sich in ihnen auch erschöpft. Die Schemata müssen flexibel gesehen werden.
In jenen Jahren verfährt das Werk in der Tat wie ein einziges. Wir sehen daher Verbindungen und Überschneidungen zwischen den drei Aufbautypen, die alle verschiedene Antworten auf eine einzige Notwendigkeit darstellen, nämlich die Äquivalenz der Gegensätze zu dynamisieren.
Mondrian fertigte Skizzen an und benutzte sie als eine Spur der Kompositionen, an deren Realisation er heranging, doch waren diese Skizzen wie Varianten eines einzigen inneren Planes, der in seinen Händen verschiedene Gestalt annahm.
1 - 1930 |
Aufbau N. II |
2 - 1930 |
3 - 1930 |
Aufbau N. IV |
Um ein Beispiel zu geben: Composition N. II with Black Lines (2) scheint eine Reduktion und Zusammenfassung vonComposition II with Red, Blue and Yellow (1) zu sein, das Aufbau N. II entspricht, ist jedoch zugleich mit Composition en Blanc et Noir II (3) in Beziehung zu setzen, einer Komposition, die aus der Umkehrung von Aufbau N. IV (das große Quadrat unten links statt oben rechts) hervorgeht. Vergleichen wir 1, 2, und 3, sehen wir also, wie Aufbau N. II (1) zum Aufbau N. IV (2 und 3) wird. Dies zeigt, dass der Maler intuitiv vorging und dass die von mir in dieser Erläuterung benützten Schemata nicht in Teilstücke zerbrechen dürfen, was in der Wirklichkeit ein ununterbrochener Prozess gewesen ist.
Im Vergleich zu den Werken von 1920 bis 22 haben die Primärfarben in diesen Bildern von 1928 – 32 satte Töne erreicht. Das grünliche Gelb der ersten Jahre ist zu einem vollen Gelb geworden. In einigen dieser Bilder scheint sich Komposition zu destillieren und klug zu dosieren. Die Teile zeugen von einem tiefen Sinn für Beständigkeit und Dauerhaftigkeit, auch wenn sich alles in Bewegung und im Fluss befindet. Die drohende Veränderlichkeit des Lebens verwandelt unsere Balancen, überführt unsere sicheren Quadrate in variable Entitäten. Das Spiel des Gleichgewichts betrifft nicht nur die Form, sondern auch die subtilsten Vibrationen der Farbe. Die gemalten Flächen vermitteln mehr den Eindruck von Spontaneität und Intuition als von kalter Berechnung. Sehr gelungen sind die roten Felder <campiture?> und sogar die weißen, deren Farbe niemals so platt wirkt, wie sie es leider in den Reproduktionen tut.
Die malerische Qualität dieser Bilder, die gelungene Farbkombination, die feine Bildtextur, die frische Präsenz des Gelb angemessen zu beschreiben, ist nicht leicht. Auch und vor allem müssen diese Bilder im Original gesehen werden. Diese besitzen eine Energie, die keine Reproduktion uns jemals vermitteln kann; eine Energie, die vom Menschen kommt, der die Bilder mit Liebe geschaffen hat.
Michel Seuphor hat die Bilder der Jahre 1928-33 als klassischen Neoplastizismus bezeichnet, weil sich in diesen Kompositionen im Unterschied zu den Bildern der Jahre 1921-22 fast alle Flächen quadratischen Proportionen annähern. Zusammen mit Seuphor halte ich einige dieser Arbeiten für wahre kleine Meisterwerke.
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Eine weitere Variation über das Thema – oder, wenn wir wollen, einen anderen Aufbautyp - bilden jene Kompositionen, die Mondrian zwischen 1921 und 1933 in Rautenform realisiert. Wir haben bereits vier der zehn Rauten untersucht (1, 2, 3, 4) die der Künstler in diesen Jahren malt; nehmen wir uns nun andere vier vor, die Mondrian gleichzeitig mit den von uns eben analysierten rechteckigen Bildern anfertigt.
In der Literatur ist die Wahl des Rautenformats als eine implizite Antwort auf die "Abweichung" Van Doesburgs gesehen worden, der in die Komposition schräge Linien eingeführt hatte; das mag richtig sein, scheint mir aber nicht der entscheidende Grund zu sein. So hatte schon 1918 – 19 der Künstler rautenförmige Leinwände benutzt.
Nach Welshs (1966) richtiger Bemerkung "reaffirmiert Mondrian [in der Raute] die Oberhoheit der horizontal-vertikalen Beziehung und befreit die inneren geradlinigen Elemente von einer zu engen Beziehung zu den Bildseiten."
Die Raute gibt der Komposition eine größere Freiheit. Sie erlaubt die Verwendung von Geraden verschiedener Länge; neue Spannungsbeziehungen stellen sich zwischen den rechtwinkligen Flächen und den schrägen Bildseiten her. Die vier Rautenspitzen erzeugen eine zentrifugale Energie und scheinen die Bildfläche entlang ihrer zwei Mittelachsen auszudehnen. Die Raute scheint also schon an sich eine Weise zu sein, die Komposition zu dynamisieren, ohne das Axiom der Rechtwinkligkeit in Frage zu stellen, auf dem der neoplastische Raum basiert.
Im Unterschied zu dem, was in den Bildern rechtwinkligen Formats vorgeht, tendiert der Maler in den Rauten dazu, sich nur auf die große quadratische Proportion zu konzentrieren. In den ersten vier Werken (1, 2, 3, 4) haben wir die allmähliche Reduzierung der Elemente gesehen, bis dahin, dass der endliche Raum eines möglichen Quadrat mit dem unendlichen Raum der Geraden fast zusammenfällt (4).
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Schauen wir nun die Fortsetzung dieses Prozesses an, der, um genau zu sein, sich über einen Zeitraum von sieben Jahren erstreckt (1926-33).
In dieser Phase verhält sich Mondrian wie ein Musikkomponist, der das Orchester nach und nach auf ein Solo-Instrument reduziert, auf einen einzigen, kaum wahrnehmbaren Ton, durch dessen Variation immer noch das Ganze ausgedrückt werden kann. In dem neoplastischen Raum zählen die Beziehungen und nicht die Dinge an sich. In einem weißen Feld, das von drei schwarzen Geraden durchzogen wird, macht sich eine leichte Variation in der Stärke mehr geltend, als wenn ein Rot oder Gelb in ein Feld voller Farben eingefügt würden. Mies Van der Rohe: "Weniger ist mehr." Natürlich muss man wissen, worin das Weniger besteht, das ein Mehr ausdrücken kann. Eine Haltung, die heute, da man fehlende Substanz gerne redundant überspielt; nicht sonderlich verbreitet ist.
Dieses Bild gehört zu den Kompositionen von 1926-27, in denen sich die quadratische Proportion wieder schließt. Nach rechts und nach unten erstreckt sich das quadratische Feld leicht über den Bildrand hinaus. Die obere und die linke Seite zeigen gleiche Stärken, während die Stärken der unteren und der rechten Seite zunehmen. Unten ist das Feld außerhalb des Quadrats grau. Man beachte, dass der Schnittpunkt zwischen den horizontalen und vertikalen Geraden im Bild an Sichtbarkeit verliert. Zwei Geraden treffen oben links noch aufeinander, doch fast am Rande. Die anderen Geraden zeigen keine Punkte einer sichtbaren Opposition. |
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5 - Tableau I, Lozenge with Four Lines and Grey, 1926, Oil on Canvas, cm. 80 x 80,4 - Diagonal cm. 113,7 |
Diese Raute zeigt ein auf vier Seiten begrenztes Quadrat. Die Schnittpunkte zwischen den gegensätzlichen Richtungen sind in diesem Werk fast nicht mehr sichtbar. Der Kontrast und die Opposition zwischen Horizontalen und Vertikalen lösen sich hier in einem Raum auf, der, von Seite zu Seite der quadratischen Proportion folgend, keine Unterbrechungen bietet: Die Vertikale wird zur Horizontale und letztere geht in die Vertikale ein. Zum ersten Mal zeigen alle vier Geraden, die das quadratische Feld bilden, verschiedene Stärken: Von rechten vertikalen Gerade im Uhrzeigersinn ausgehend, nimmt die Stärke jeder Geraden zu. Die Neigung zur Ausdehnung, von der Position der Geraden (vor allem der oberen horizontalen) erzeugt, wird von einer gegenseitigen Tendenz zur Verdichtung ausbalanciert. |
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6 - Composition N. I, Lozenge with Four Lines, 1930, Oil on Canvas, cm. 75,2 x 75,2 - Diagonal cm. 107 |
Die Gerade, die sich am weitesten (nach oben) entfernt, ist in der Tat auch die stärkste und drückt daher nach unten. Von der rechten vertikalen Seite im Uhrzeigersinn ausgehend, sehen wir ein Quadrat, das im Rückzug aus dem Bild an Gewicht zunimmt, d.h. dazu neigt, solider und beständiger zu werden. Ein veränderlicher und zugleich relativ beständiger Raum.
Mit diesen Werken möchte Mondrian das Quadrat ausweiten und zugleich sichtbar halten. Es handelt sich im Grunde um den immer gleichen Raum, der einerseits sich der unendlichen Kontinuität der Welt öffnet und andererseits dazu neigt, sich nach Innen hin zu konzentrieren, wobei er eine ideale Synthese der Gegensätze erzeugt.
Wie in 4, aber ohne jegliche Farbfläche, spielen zwei einzige schwarze Geraden auf ein quadratische Feld an, das sich kaum erahnen lässt; eine quadratische Proportion, die, kaum dass sich erzeugt, schon zu einem unendlichen Raum wird. Auch hier betonen die obere und die rechte Rautenspitzen die dynamische Ausdehnung des mittleren Feldes. Der Raum des Quadrats ist nicht mehr von den Geraden begrenzt, sondern erstreckt sich mit ihnen über die endlichen Bildränder hinaus. Der endliche Raum scheint fast mit dem unendlichen Raum zusammenzufallen. Die subjektive Einheit (Quadrat) dehnt sich ins Unendliche aus, um die ganze Vielfalt des objektiven Raumes, die das Bild niemals enthalten kann (Oval), idealiter in sich zu bergen. Es scheint die Quadratur des Kreises zu sein! |
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7 - Lozenge Composition with Two Lines, 1931, Oil on Canvas, cm. 80 x 80 - Diagonal cm. 112 |
Die Einheit, die sich mit einem Oval ausdrückte, macht in Pier and Ocean 5 einer Einheit Platz, die die Form einer Beziehung zwischen Horizontale und Vertikale (quadratisches Feld) annimmt. Von diesem Augenblick an erstreckt sich das Oval über das begrenzte Feld der Bilder hinaus, um mit der Realität der Welt zusammenzufallen, zu der das Bild gehört. Mit dem allmählichen Rückzug des Ovals bleibt das Quadrat innerhalb des Bildes als subjektives Symbol einer angenommenen objektiven Einheit (Oval) bestehen.
Will nun die subjektive Einheit (Quadrat) Symbol der objektiven Einheit (Oval) sein, so muss sie die größtmögliche Vielfalt einbeziehen. So haben wir gesehen, wie der Maler, nach seiner versuchten Öffnung der Synthese der Farbe zu einer strengeren Definition der Synthese zurückkehrte, um sie dann allmählich wieder zu öffnen und sie dabei zu vervielfachen und mit Farben zu versehen.
In den Rauten versucht Mondrian, das Eine dem Vielfältigen zu öffnen, wobei er sich nur mit dem einen, d.h. dem Quadrat, beschäftigt, das sich bis zur Koinzidenz mit dem unendlichen Raum der Geraden (7), d.h. dem Oval öffnet. Diese Tendenz des Quadrats, sich in den unendlichen Raum auszudehnen und zugleich seine Sichtbarkeit als endliche Einheit innerhalb des Bildes beizubehalten, ist der Versuch, das Quadrat mit dem Oval, das Eine mit dem Vielfältigen, das Subjektive mit dem Objektiven zusammenfallen zu lassen.
Die Rautenkompositionen bezeichnen den Moment der größten Entsprechung zwischen dem Einen und dem Vielfältigen (7).
Nach dieser äußersten Synthese sehen wir in 8 ein Quadrat, das wieder auf vier Seiten eingegrenzt ist und teilweise über die Ränder des Bildes hinausragt. Auch hier wachsen die vier Geraden in ihrer Stärke in dem Maße an, in dem wir sie, ausgehend von der Senkrechten auf der rechten Seiten, im Uhrzeigersinn durchgehen. Diese Komposition scheint eine Synthese der vorhergegangenen Rauten, vor allem der Versuche 5 und 6, darzustellen: in 5 dehnt sich das Quadrat nach unten aus und die Stärken der Geraden beginnen sich zu differenzieren; in 6 dehnt sich das Quadrat nach oben aus und die Stärken sind alle verschieden, wobei sie nach einem progressiven Rhythmus anwachsen. In Vergleich zu 5 und 6 dehnt sich jetzt das Quadrat viel ausgewogener sowohl nach oben als auch nach unten, nach rechts und nach links aus. Die wachsende Stärke der Geraden kann als die Vertikale gesehen werden, die in ihrem Inneren eine leichte horizontale Dehnung aufnimmt oder umgekehrt als die Horizontale, die unter einem leichten, kaum wahrnehmbaren vertikalen Druck an Stärke zunimmt. |
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8 - Lozenge Composition with Four Yellow Lines, 1933, Oil on Canvas, cm. 79,9 x 80,2 - Diagonal cm. 112,9 |
Im Verlauf der Analyse dieser Rauten haben wir das zunehmende Verschwinden von sichtbaren Schnittpunkten der Geraden beobachtet. In 5 hat man gesehen, wie zwei Geraden, die sich noch am Rand des Bildes berühren, eine leichte Opposition signalisieren. In dieser Raute von 1933 sind keine Punkte mehr sichtbar, in denen sich Horizontale und Vertikale gegenseitig opponieren. Es handelt sich um das einzige neoplastische Werk, in dem sich die Geraden im Bild niemals treffen.
Offenbar besteht jedoch die Neuigkeit in der Tatsache, dass die Geraden zum ersten Mal nicht mehr schwarz, sondern gelb sind.
Das Feld ist durchgehend weiß und das gelbe Profil scheint fast eher aus dem Weiß selbst hervorzugehen als dass es sich ihm entgegensetzte, wie im Fall der schwarzen Silhouette. Gelb ist ein Mittelwert zwischen weiß und schwarz; dunkel genug, um sich von weiß abzusetzen, aber zugleich nicht so radikal entgegengesetzt zu weiß wie schwarz. Sowohl auf der Ebene der Form als auch der der Farbe scheinen jetzt die gegensätzlichen Werte zu kommunizieren, indem sie sich einheitlich: horizontal und vertikal ausdrücken und für einen Augenblick auf jeder Gerade gleichzeitig anwesend sind; weiß und schwarz drücken sich in einem mittleren Ton aus, in diesem Fall gelb.
In der Betrachtung dieses Quadrats sind wir mit einer Einheit konfrontiert, die sich von einer Seite zur anderen verwandelt; wir sehen eine einheitliche Synthese, die schon in sich selbst relativ vielfältig erscheint; wir betrachten eine wechselnde Einheit, die eher zu einem Werden als zu einem Sein neigt; sie bleibt bestehen und verändert sich doch zugleich. In 8 haben wir es mit einem offenen, dynamischen, asymmetrischen und ganz farbigen Quadrat zu tun.
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In den rechteckigen Bildern, an denen der Maler gleichzeitig zu den Rauten arbeitet, öffnet sich das Quadrat (2), wird von den Geraden durchdrungen (3), wird mit abnehmenden Maßen dezentriert (4), färbt sich in einigen Fällen rot oder blau (5), vermag aber nie, sich zugleich so artikuliert und synthetisch auszudrücken wie in jener Raute von 1933. Lozenge Composition with Four Yellow Lines (8) führt zum Kern des Problems: Das Vielfältige in einheitlicher Form zeigen; das Eine, d.h. das Postulat des Bewusstseins, zur Variation des natürlichen Universums hin öffnen, ohne es aus dem Auge zu verlieren. Es geht um eine fundamentale Frage: In der menschlichen Sphäre erscheinen das Eine und das Vielfältige als antithetische Realitäten; von einem Punkt jenseits der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit jedoch handelt es sich in Wirklichkeit um das Selbe.
Mit den Bildern von 1928-33 und vor allem mit dieser Raute von 1933 scheint der Künstler jene Idee materialisiert zu haben, die ihn ungefähr 20 Jahre Bild für Bild bei seiner Arbeit geleitet hat: das Vielfältige in einheitlicher Form auszudrücken; es ausreichend zu stabilisieren, wie es das Bewusstein fordert, ohne es jedoch auf allzu rigide und feste geometrische Formen zu reduzieren. Im Angesicht eines Quadrats, das sich bei aller relativen Beständigkeit wandelt, hat der Künstler für einen Augenblick das Gefühl, das Ziel erreicht zu haben.
Wie Michel Seuphor sagt: "Manchmal glaubt er, es gefunden zu haben. Dann hält er ein, betrachtet die Arbeit und sagt: Geschafft. Aber die Uhr seines Lebens, die hält nicht ein und schon drängt sie ihn weiter. Bald wird ihm bewusst, dass noch gar nichts geschafft ist und dass man wieder von vorne beginnen muss."
Vergleichen wir Lozenge Composition with Four Yellow Lines (8) mit den vorhergehenden Bildern, insbesondere mit jenen aus der Periode bis 1920, wird sofort klar, dass sich der Vielfältigkeitsaspekt des neoplastischen Raumes 1933 beinahe bis zur Aufhebung reduziert hat.
Um 1930 malt Mondrian oft in schwarz/weiß oder benutzt eine oder zwei Farben in Feldern, die vorwiegend weiß sind.
Innerhalb eines Jahrzehnts scheint der vielfältige Raum der Pier and Ocean 5 oder des Checkerboard with Light Colors vom Quadrat absorbiert worden zu sein, das sich wiederum, zwischen 1922 und 1933, in einer konzeptionellen Synthese um die Reformulierung jenes Raumes bemüht, der in Wirklichkeit noch weit artikulierter und komplexer ist.
Das Quadrat von 8 ist eine symbolische (mentale) Darstellung des reellen Raums, der nicht die gesamte Vielfalt der Welt zeigt; mit den farbigen Geraden, die sich auch in der Stärke ändern, spielt jenes Quadrat auf das Vielfältige an, ohne es jedoch in seiner ganzen reellen, weitgehenderen Konsistenz zu zeigen.
Anfang der 30er Jahre fehlt die Varietät, die in den ersten expressionistischen oder kubistischen Werken feststellbar war; eine Varietät, für die der Künstler immer sehr empfindlich gewesen war und von der er in Wirklichkeit bei seiner plastischen Suche ausgegangen war. 1933 hat sich der äußere Raum in den synthetischeren Formen des Denkens verinnerlicht. Das Physische scheint sich extrem mental auszudrücken.
Bald wird sich der Maler bewusst werden, dass in seinen Bildern die ganze Vielfalt fehlt, die das Auge in der Natur oder im Raum der Städte wahrnimmt. Jene vielfältige und farbenreiche Seite, die er seinerzeit mit den Dünen und den Bäumen, in den kubistischen Kompositionen oder in den Schachbrettern evoziert hatte.
Lozenge Composition with Four Yellow Lines (8) kann daher als Zielpunkt betrachtet werden, zugleich jedoch auch, wie in anderen Augenblicken der künstlerischen Laufbahn des Holländers, als neuer Ausgangspunkt.