DER AUTOR


Nie wäre es mir eingefallen, einmal einen kunstkritischen Essay zu schreiben. Ich bin Maler und meine Ausdrucksmittel sind Formen und Farben. Ich glaube jedoch an eine erzieherische Funktion der Kunst, und hier kommt man ohne Worte nicht aus. Nicht ich habe Mondrian gesucht; es war sein Broadway Boogie Woogie, der an meinem Weg auftauchte, wie eine Weisheitsquelle und Spur eines umfassenderen Bildes.

Ich erinnere mich, wie ich in den ersten Jahren meines Aufenthalts in New York (1980-85) ins Museum of Modern Art ging und ewig vor dieser Leinwand stand, ohne wirklich viel zu verstehen. Ich hatte an der Universität moderne Kunst und Mondrian studiert. Intuitiv spürte ich, dass in diesem Gemälde eine Menge steckt, konnte aber nichts von dem erkennen, was ich später im Laufe der Jahre entdecken sollte.

Auf eine Art und Weise, die ich nicht erklären konnte, erahnte mein Auge bereits den Inhalt, den die Reflexion dann in den folgenden zehn Jahren zu Tage förderte. 1985 zog ich nach Berlin. Für uns aus dem westlichen Sektor war Berlin ein idealer Ort zum Leben, zum Denken und vor allem zum Schaffen.


Ich begann, den Broadway Boogie Woogie zu studieren, um mir über einige Dinge klar zu werden. Was fast spielerisch begann, entdeckte ich innerhalb einiger Jahre eine ganze Welt in dieser Malerei. Ich bin auf diesem Weg viel mehr meinem Herzen gefolgt als meinem Kopf, der stattdessen dazu gedient hat, alles, was das Herz empfindet, so klar wie möglich auszudrücken. Dieses Werk ist die Frucht nicht nur eines intellektuellen Prozesses, sondern auch eines existentiellen Weges, der sich über fast zwanzig Jahre erstreckte.


Während ich Broadway Boogie Woogie als eines der wichtigsten Werke des zwanzigsten Jahrhunderts betrachte, ist meine eigene Art zu malen eine andere. Die letzten Arbeiten von Henri Matisse sind für mich ebenso wichtig, wie die Skulpturen von Isamu Noguchi und die vielversprechenden Arbeiten einiger noch unbekannter Künstler. Weniger Bedeutung messe ich all den selbsternannten Künstlern, kreativen Geschäftemachern und Kulturmultis bei, die sich heutzutage um die Kunst tummeln.
Paul Cézanne pflegte zu sagen, dass "Kunst eine Religion ist und ihr Zweck darin besteht, das Denken zu erheben".


Über Mondrian ist viel geschrieben worden, aber noch nicht genug über seine Bilder. Der Inhalt wird nämlich selten direkt aus den Bildern abgeleitet. Mehr als Biographien, Briefe und Theorien bleiben es doch die Bilder, aus denen man schöpfen muss, wenn man die Malerei wirklich verstehen will. Mondrian hat über die neue Kunst geschrieben, aber nie geglaubt, dass es möglich ist, eine Theorie der Kunst zu schreiben, wie Kandinsky und Klee es versucht haben. Kunst ist in erster Linie etwas, das man tut, danach kann man darüber reden und versuchen, es zu erklären. Es sind die Bilder und nicht die Theorien, die die wahre Quelle für diejenigen darstellen, die wirklich verstehen wollen. Als Maler stelle ich daher bei der Erklärung von Mondrians Werk die Worte in den Dienst der Bilder. Dieses hat sich als eine organische Struktur offenbart, in der eine Leinwand nicht von einer anderen getrennt werden kann, ohne die tiefere Bedeutung des Ganzen aus den Augen zu verlieren. Es ist ein evolutionärer Prozess, der sich über vierzig Jahre erstreckt, in denen der niederländische Künstler seiner Vision von der Realität konkrete Gestalt verliehen hat. Diese Vision ist in Broadway Boogie Woogie, seinem letzten Werk, das 1943 fertiggestellt wurde, festgehalten. Es ist wirklich ein faszinierender Werdegang.


Als ich erkannte, dass das, was ich entdeckte, auch anderen zugänglich gemacht werden sollte, beschloss ich, die verschiedenen Wissenschaftler und Experten, die sich auf Mondrian spezialisiert haben, zu informieren. Michel Seuphor (ein Freund von Mondrian), Argan, Blotkamp, Bremer, Crouwel, Coppes, Joosten, Tomassoni, Nigro-Covre zwischen anderen antworteten mir und zeigten ihre Wertschätzung für meine Bemühungen. Mit dem charakteristischen Enthusiasmus, den er bei der Verteidigung des modernen Denkens an den Tag legte, stellte Professor Bruno Zevi die Seiten seiner Zeitschrift L'Architettura zur Verfügung, und dort wurde 1991 der erste Teil meiner Studie, eine Analyse des Broadway Boogie Woogie, veröffentlicht. 2006 folgte ein Buch mit einer Erläuterung des Gesamtwerks, aus dem nun diese Webseiten hervorgegangen sind, die ich an mehrere Museen, Institutionen und Wissenschaftler geschickt habe. Im Jahr 2008 wurde das Buch in den Online-Katalog der NYC MoMA Library, Archives and Study Centers sowie in die Bibliothek (eins und zwei) des Amsterdamer Stedelijk Museums aufgenommen. Ein Webformat wurde kürzlich in die digitalen Bibliotheken des Kröller-Müller Museums (Otterlo, NL) und der National Gallery of Canada (Ottawa) aufgenommen.


Die Untersuchung von Mondrians Werk offenbart einen evolutionären Prozess, der die Art und Weise der Malerei innerhalb von fünfzig Jahren vollständig verändert hat. Eines der Ziele dieser Studien ist es, die Gründe für diese Entwicklung zu erklären, indem gezeigt wird, wie man die abstrakte Malerei in Bezug auf das alltägliche Leben und die universellen Themen der conditio humana lesen und interpretieren kann. Ich habe die existenziellen Aspekte nur gestreift, weil es mir hier nicht darum geht, Themen allgemeiner Art zu entwickeln, sondern die Verbindungen zwischen diesen und der neoplastischen Malerei aufzuzeigen. In einer Welt, in der die Teile übermäßig gewachsen sind, in der die festen Bezugspunkte und uralten Gewissheiten verloren gegangen sind, wird die Fähigkeit zur Abstraktion unentbehrlich, um ein gewisses Wesen der Dinge wieder zu entdecken. Eine besondere Art, Kunst zu verstehen, kann heute dazu beitragen, die Vision einer größeren Weite wiederherzustellen, die in der hektischen und fragmentarischen Kulturszene der letzten Jahrzehnte gefehlt hat.


Unter den veröffentlichten Werken, die ich als sehr nützlich empfunden habe, muss die Aufmerksamkeit auf die Biographie von Michel Seuphor gelenkt werden. Auch wenn sie keine tiefgreifende Analyse der Gemälde entwickelt, bietet sie eine fesselnde Erklärung des Werks, die die Verbindungen zwischen Kunst und Leben deutlich aufzeigt. Auch Seuphor war ein Künstler. Während ich die Untersuchung der Bilder vernachlässige, liefert das 1961 von Filiberto Menna, meinem Professor an der Universität, veröffentlichte feine Werk eine Bestätigung bestimmter Ideen von mir über die Geometrie der Gemälde aus philosophischer und literarischer Sicht. Ich danke Hans L.C. Jaffé für eine Reihe intelligenter Beobachtungen, die zu meiner Analysearbeit beigetragen haben, vor allem zu Beginn. Mein besonderer Dank gilt Joop M. Joosten und Robert Welsh für ihr ausführliches Werkverzeichnis, das mir eine große Hilfe bei der chronologischen Beurteilung der Gemälde und damit auch bei der Erlangung eines klareren Verständnisses der Entwicklung des Gesamtwerks war. Allgemeiner Dank gebührt all jenen, die sich um die Erläuterung und Verbreitung der Ideen des niederländischen Meisters bemüht haben.


Ich habe die neoplastischen Kompositionen, die den geheimen Saft des Mondrian'schen Denkens darstellen, durch sorgfältige Untersuchung von allem, was es zu sehen gibt, beschrieben und interpretiert. Die Analyse mag minutiös erscheinen ("mechanisch" oder "technisch" für manche), weil eine bestimmte Form der Kunstkritik uns an romantische Abschweifungen über Themen allgemeinen Charakters gewöhnt hat, anstatt sich mit den konkretesten und wesentlichsten Elementen eines Gemäldes zu befassen, nämlich seinen Formen und Farben. Ich ziehe es vor, zu den allgemeinen Fragen zu gelangen, indem ich vom Besonderen ausgehe, und nicht andersherum. Ich muss sagen, dass es genauso schwierig ist, visuelle Vorgänge in Worten zu erklären, wie es die verbale Beschreibung eines Musikstücks ist. Ich hoffe, dass der notwendige Grad an Detailtreue in bestimmten Passagen den Gesamtüberblick, der eines der Ziele meiner Arbeit bleibt, nicht ungebührlich behindert.


Der Leser wird sich also gedulden müssen und zunächst die Details der Analyse durchgehen, bevor er sich mit Aspekten allgemeineren Charakters befassen kann. Es war nicht einfach, die Erklärung zu kalibrieren, da sich die Arbeit in erster Linie an Wissenschaftler und Experten richtet, die sich auf Mondrian spezialisiert haben. Gleichzeitig verspürte ich als Künstler den Wunsch, die Bedeutung des Werks des niederländischen Malers einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wie ich es in Seminaren in den letzten Jahren getan habe. Die große Herausforderung besteht heute darin, es zu schaffen, die Substanz der Dinge mit einfachen Worten zu erklären, ohne alles auf die oberflächliche Ebene zu reduzieren.
Es gibt derzeit eine große Zurückhaltung, von den Kunstinteressierten zu verlangen, dass sie sich Mühe geben, etwas zu verstehen. Die Angst, das Publikum zu verlieren, führt eher zu Abschweifungen und Unterhaltung als zu Erklärungen und der Anregung von Kapazitäten.

Die biografischen Aspekte zu Piet Mondrian habe ich in dieser Arbeit bewusst ausgeklammert, da andere Wissenschaftler diese bereits sehr ausführlich und kompetent behandelt haben."

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